Damokles Glaubt nicht, daß bei dem größten Glücke Ein Wütrich jemals glücklich ist; Er zittert in dem Augenblicke, Da er der Hoheit Frucht genießt. Bei aller Herrlichkeit stört ihn des Todes Schrecken Und läßt ihn nichts als teures Elend schmecken. Als den Tyrannen Dionys Ein Schmeichler einstens glücklich pries Und aus dem Glanz der äußerlichen Ehre, Aus reichem Überfluß an Volk und Gold erwies, Daß sein Tyrann unendlich glücklich wäre; Als dies Damokles einst gethan, Fing Dionys zu diesem Schmeichler an: »So sehr mein Glück dich eingenommen, So kennst du es doch unvollkommen; Doch schmecktest du es selbst, wie würde dich's erfreun! Willst du einmal an meiner Stelle sein?« »Von Herzen gern!« fällt ihm Damokles ein. Ein goldner Stuhl wird schnell für ihn herbeigebracht. Er sitzt und sieht auf beiden Seiten Der Hohen größte Herrlichkeiten, Die Stolz und Wollust ausgedacht. Von Purpur prangen alle Wände, Gold schmückt die Tafel aus, im Golde perlt der Wein. Ein Wink! so eilen zwanzig Hände, Des hohen Winkes wert zu sein. Ein Wort! so fliegt die Menge schöner Knaben Und sucht den Ruhm, dies Wort vollstreckt zu haben. Von Wollust süß berauscht, von Herrlichkeit entzückt, Schätzt sich Damokles für beglückt. »O Hoheit!« ruft er aus, »könnt' ich dich ewig schmecken!« Doch ach! was nimmt er plötzlich wahr? Ein scharfes Schwert an einem Pferdehaar, Das an der Decke hängt, erfüllt sein Herz mit Schrecken; Er sieht die drohende Gefahr Nah' über seinem Haupte schweben. Der Glückliche fängt an zu beben; Er sieht nicht mehr auf seines Zimmers Pracht, Nicht auf den Wein, der aus dem Golde lacht; Er langt nicht mehr nach den schmackhaften Speisen, Er hört nicht mehr der Sänger sanfte Weisen. »Ach!« fängt er zitternd an zu schrein: »Laß mich, o Dionys, nicht länger glücklich sein!«