Abschied von Lindau Herbst 1854. Valet muß ich dir geben, Du alte Lindenstadt; Schon glüht an deinen Reben Wie Purpur Blatt um Blatt; Schon stiebt es von den Wipfeln, Und dunkler treibt der See, Und auf der Berge Gipfeln Erglänzt der erste Schnee. Du bist mir hold gewesen; So nimm des Gastes Dank, Der hoffnungsvoll Genesen Aus deinen Lüften trank, Den nach verjährter Plage Am grünen Flutenring Durchsonnter Frühherbsttage Beglückte Rast umfing. Da lernt' ich fromm aufs neue Die Stimmen all verstehn, Die durch des Himmels Bläue Im Zug des Windes gehn; Was in den Wellen schauert, Was in des Waldes Grund Sehnsüchtig glänzt und trauert, Noch einmal ward's mir kund. Ich sah, wenn längst versunken In Schwarz der Täler Grün, Am Schneehorn purpurtrunken Ein heiß Erinnern glühn; Wo grimm durch Klippenbogen Der Gießbach Bahn sich schuf, Erscholl mir's aus den Wogen Wie trotz'ger Jubelruf. Und wie im segelhellen, Besonnten Griechenschiff Mich einst auf blauen Wellen Das Lied Homers ergriff, Sprach hier in dunklen Zungen Aus Felsgeklüft und Tann Der Geist der Nibelungen Geheimnisvoll mich an. Versenkt in tiefes Lauschen Oft saß ich bis zur Nacht; Da kam's wie Adlersrauschen Auf mich herab mit Macht; Durch meinen Busen zückte Verwandter Drang und Klang, Und was mich hob und drückte, Ward flutender Gesang. O stillvertiefte Stunden, Labsal der Sängerbrust, Wohl seid ihr hingeschwunden Rasch mit des Sommers Lust. Doch wallt das Herz lebendig Mir auf nach eurer Ruh', Und frohgekräftigt wend' ich Der Heimat heut mich zu. Dort winkt mir nach der Muße Manch liebgewordne Pflicht; Es winkt mit hohem Gruße Des Herrschers Angesicht, Der, jedem Flügelschlage Des deutschen Geistes hold, Der Hoffnung künft'ger Tage Ein licht Panier entrollt. Die Kunst in Laub und Blume Umwob des Vaters Thron; Nun ringt mit solchem Ruhme Gedankenvoll der Sohn. Den Ernst der Weisheitschule Gesellt er jenem Flor Und neigt vom Königstuhle Dem deutschen Lied sein Ohr. Wohl mag ich treu ihm danken, Der für den Wanderstab Mir frommen Wirkens Schranken, Mir Herd und Heimat gab, Und, weil er selbst tiefinnen Die heil'ge Flamme nährt, Mit fürstlich hohen Sinnen Des Dichters Freiheit ehrt.