Buch der Betrachtung Widmung einer Tragödie An den König von Preußen. Zum erstenmal, nachdem in Lust und Leid Ich manches Lied zum Spiel den Winden gab, Betret' ich heut der Bühne wechselnd Reich; Und nicht mit leichtem Sinne. Nein, ich weiß, Daß Großes ich mit junger Kraft gewagt. Denn nicht geziemt es mehr, den Müßiggang Im götterlosen Haus durch flücht'gen Reiz Und kurze Überraschung zu zerstreun; Es sei die Bühne, was dereinst sie war, Ein Heiligtum; es sei das Trauerspiel Ein dunkler Spiegel, drin, zum Bild gefaßt, Das ewige Gesetz des Weltengangs Gestaltenreich dem Volk sich offenbart. Drum wolle keiner, der in Zeit und Vorzeit Des Gottes mächt'ges Schreiten nie vernahm Und nicht die Sühnung kennt und nicht das Maß, Hier Priester sein. Und wer zu opfern kommt, Sei reines Sinns und nahe sich in Ehrfurcht Der ernsten Muse, der gewaltigen, Die hochherwandelnd Tat und Missetat Der Sterblichen in erzner Schale wägt. So tret' auch ich heran, und wie ich schreite, Bewegt ein leiser Schauer mir die Brust, Doch hebt mir eins den Mut: ich weiß, ich ringe Nach Würdigem, und wer des Lebens Kraft An Großes setzt, den führet gern ein Gott Zuletzt ans Ziel, ob er auf seiner Bahn Auch viel erdulden müsse. Langsam ringt Im dunkeln Schacht die Flut, bis hoffend sie Hervorspringt und das heißersehnte Licht, Den goldnen Tag mit klaren Augen grüßt; Auch dann noch rinnt sie leiser durchs Gestein, In steter Krümmung ihre Pfade suchend; Doch gnädig schließet sich der Himmel auf Und schickt den frischen Wolkensohn, den Regen, Und sendet ihr die fröhlichen Geschwister, Die felsgebornen, vom Gebirg' herab. Da schwillt sie kühn empor, gekräftigt bricht sie Durch Klippentrümmer sich die eigne Bahn, Und endlich, siegreich durch die Täler wandelnd, Tränkt sie die Flur, und spiegelt sie die Sonne, Ein goldner Strom des Segens. Also reift Auch Weisheit langsam, und ein andres bringt Der Jugend rascher Sinn, ein anderes Aus reichem Schatz des Manns geprüfter Geist. Ich habe heute nur ein Jünglingswerk; Doch leg' ich's dankbar als die einz'ge Gabe, Die deinesgleichen ich zu bieten weiß, In deine Hand, o Fürst, der freundlich du Die schlimmste Musenstörerin, die Sorge, Mit holdem Wink von meinem Tisch gescheucht. So nimm es hin, und ob auch viel gebricht: Vergib es lächelnd, daß der frische Quell Vom künft'gen Strome leise rauschend träumt, Zu kühn vielleicht – denn Hoffnung, Mut und Kraft Genügen nimmer, wenn von goldner Wolke Der schöne Gott nicht segnend niederschaut.