An. F.C. Februar 1851. Durch die klare Luft im Winde Segeln heut mir die Gedanken, Dich, mein hoher Freund, zu grüßen Ziehn sie nach dem Strand der Oder. Nicht im engen Krankenzimmer, Wo ich, ach, dich ließ beim Scheiden, Im bereiften Winterfroste Suchen sie den rüst'gen Weidmann. Frischen Muts und hellen Auges Hoffen sie dich dort zu finden, Heiter, wie in jenen Tagen, Da du zu Gastein dich sonntest. Schönes Wildbad! Oft noch steigst du Vor mir auf; in meine Träume Weht es kühl dann wie Gebirgsluft, Klingt es wie des Älplers Zither. Wieder dann die schwarzen Tannen Seh' ich nicken überm Abgrund, Und den Sturzbach durchs Geklüft Hör' ich leidenschaftlich brausen. Und die himmelhohen Wände Gipfeln sich vor mir wie Zinnen Einer Geisterburg; du trafst Dort mit sichrem Blei die Gemse. Dann gedenk' ich auch des Tages, Da durch Alpenrosenfelder, Durch Geröll und Schnee wir klommen Nach des Gamskarkogels Spitze. Mühsam war der Pfad; die Pferde Stutzten oft am jähen Abhang, Aber droben im kristallnen Mittagsglanze welch ein Ausblick! Um uns her unendlich lag es Wie ein Meer von Riesenwogen, Jede Wog' ein Bergesgipfel, Jeder Woge Schaum Lawinen. Und du nanntest mir die Höhen: Watzmann, Herzog Ernst, Großglockner – Doch den höchsten Berg in Östreich Hab' ich damals nicht gesehen. Schwarzenberg ist der geheißen Und zur Zeit so hoch geworden, Daß er seinen kalten Schatten Wirft von Wien bis in die Ostsee. In dem Schatten dieses Berges Wachsen auch die Zauberstäbe, Welche jetzt die Welt regieren Und das deutsche Reich insonders. Haselstöcke nennt das Volk sie; Ach, von weißen Hexenmeistern Nach dem Takt geschwenkt, du glaubst nicht, Welche Wunder sie verrichten. Blutrot wandeln sie in Schwarzgelb, Adler in geduld'ge Spatzen, Ja, man lernt sogar Geschichte Und Geographie von ihnen, Lernt, daß Slawen stets und Deutsche Sind ein Brudervolk gewesen, Daß ein Dänenfluß die Eider, Und daß Preußen liegt – im Monde. In der freien Reichsstadt Lübeck Hör' ich täglich jetzt ihr Sausen; Die Musik spielt auf dazu: »Gott erhalte Franz den Kaiser!« 's ist ein schönes Lied, ich lerne Schon die Weise; binnen kurzem Wird man von Triest bis Rendsburg Doch nichts andres singen dürfen. Ja, wer weiß, wenn ich zum Herbste An der Oder heim dich suche, Ob's im Wald von Heinrichslust Nicht bereits die Vögel pfeifen. Doch genug! Leb' wohl, mein Fürst, Und verzeih mein formlos Scherzen; Seit die Welt so ungereimt ward, Schreib' ich ungereimte Verse.