Gudruns Klage Nun geht in grauer Frühe Der scharfe Märzenwind, Und meiner Qual und Mühe Ein neuer Tag beginnt. Ich wall' hinab zum Strande Durch Reif und Dornen hin, Zu waschen die Gewande Der grimmen Königin. Das Meer ist tief und herbe, Doch tiefer ist die Pein, Von Freund und Heimatserbe Allzeit geschieden sein; Doch herber ist's, zu dienen In fremder Mägde Schar, Und hat mir einst geschienen Die güldne Kron' im Haar. Mir ward kein guter Morgen, Seit ich dem Feind verfiel: Mein Speis' und Trank sind Sorgen, Und Kummer mein Gespiel. Doch berg' ich meine Tränen In stolzer Einsamkeit; Am Strand den wilden Schwänen Allein sing' ich mein Leid. Kein Dräuen soll mir beugen Den hochgemuten Sinn; Ausduldend will ich zeugen, Von welchem Stamm ich bin. Und so sie hold gebaren, Wie Spinnweb acht' ich's nur; Ich will getreu bewahren Mein Herz und meinen Schwur. O Ortwin, trauter Bruder, O Herwig! Buhle wert, Was rauscht nicht euer Ruder, Was klingt nicht euer Schwert! Umsonst zur Meereswüste Hinspäh' ich jede Stund': Doch naht sich dieser Küste Kein Wimpel, das mir kund. Ich weiß es: Nicht vergessen Habt ihr der armen Maid; Doch ist nur kurz gemessen Dem steten Gram die Zeit. Wohl kommt ihr einst, zu sühnen; – Zu retten, ach, zu spät, Wann schon der Sand der Dünen Um meinen Hügel weht. Es dröhnt mit dumpfem Schlage Die Brandung in mein Wort; Der Sturm zerreißt die Klage Und trägt beschwingt sie fort. O möcht' er brausend schweben Und geben euch Bericht: »Wohl lass' ich hier das Leben, Treue lass' ich nicht!«