Die Nacht zu Belforest »Sagt's dem König, meinem Herrn, Daß der einz'ge Sohn und Erbe Seines weiland Seneschalls, Sagt's ihm, daß er schuldlos sterbe! Niemals hab' ich mit dem Feind Ränkevoll Verkehr gepflogen; Die's dem König hinterbracht, Hier beschwör' ich's, daß sie logen. »Doch ich fürcht', er glaubt' es gern, Denn nach unsern Lehn und Landen, Nach dem Schloß von Belforest Hat ihm längst der Sinn gestanden.« Also spricht Graf Aimery, Als er niederkniet am Blocke; Blitzend fährt herab das Beil, Und es schallt die Totenglocke. Doch wer wagt's, des Grafen Wort Vor des Königs Ohr zu tragen! In den Forsten von Poitou Schweift er schon, den Hirsch zu jagen. Dort von edler Spur verlockt Irrt er nachts im Waldesgrunde; Vor das Schloß von Belforest Kommt er um die zwölfte Stunde. Langsam, wie er stößt ins Horn, Sinkt vor ihm die Brücke nieder, Langsam in den Angeln dreht Sich das Tor und schließt sich wieder. Doch kein Diener läßt sich schaun; Nur des Monds gedämpfter Schimmer Leuchtet ihm zum Ahnensaal Durch die ausgestorbnen Zimmer. Aber dort im Steinkamin Sieht er rot ein Feuer blitzen, Sieht den toten Seneschall An der Glut im Lehnstuhl sitzen. Der erhebt sich vor dem Gast, Und mit halberloschnem Klange Spricht er: »Kommt ihr endlich, Sire? Euch erwartet hab' ich lange. »Nur um eins Euch kundzutun, Stieg ich aus der Gruft der Väter, Daß vom Stamm der Belforest Nie gezeugt ward ein Verräter.« – Als der König das vernahm, Warf ihn tiefes Grausen nieder; Sinnberaubt am Morgen fand Sein Gefolg' im Saal ihn wieder. Sieches Leid beschlich seitdem, Tiefer Trübsinn all sein Wesen; Von der Nacht zu Belforest Ist er nimmermehr genesen.