Ich trage Gedichte Um den Theetisch saßen wir, Oder tranken wir Kaffee oder Chokolade, Ein Traum nur war es, Und alles lebt nur wie Schatten noch, Wie Bilder aus einer Laterne magika In meiner Erinnerung. Deutlich nur seh ich Zur Rechten mir das kleine zierliche Mädchen, Zwölfjährig, kaum älter. Unendlich traurig Sah es mit großen blauen Augen In seinen Schoß, Die einzige Betrübte in unserem heitern, Scherzbelebten Kreis. Was fehlt dir Alice? Warum denn so still heute? Ach, so klang es von rosigen Kinderlippen, Ich bin so schwermütig heute – Ich trage Gedichte. Was? du trägst Gedichte, Alice? Und endloses Gelächter umschwirrte dich, Übermütig, Wie ausgelassene Tagvögel Die alte ernste, unzufriedene Eule umspotten. Ich trage Gedichte... Wachend hör' ich immer noch Diese zaghafte, traurige Antwort, Die mich so tief rührte, Aus Kindermund so tief rührte. Ich trage Gedichte... Was wissen die anderen, Leicht frohen Alltagsseelen, Wie einem zu Mute ist, Wie uns beiden zu Mute ist, Alice, Wenn wir Gedichte tragen. Wie weh, wie krank unsere Seele sein kann, Wenn's drin keimt, Wenn's drin zuckt, Mit ersten leisen Regungen, In Schmerzen empfangen, Mit Schmerzen geboren, Seele von unserer Seele, Blut von unserem Blut. Kleine schmerzdurchzuckte Dichterin, Freue dich. Dein Reich war der Traum. Die Sonne des Morgens küsste dich auf, Dich und deine Schmerzen, Wie den Nachttau von den Blättern der Blumen, Denen du in ernster Lieblichkeit glichst. Ich aber lebe. Mein Tag ist kein Traum, Und wenn ich schwermütig bin Und Gedichte trage, Darf ich's nicht einmal sagen am Theetisch. Sie würden mich auslachen, Wie sie dich auslachten, Nur thut's noch zehnmal weher, Am hellen, wirklichen Tage ausgelacht zu werden, Und unsere Schmerzen Sind ihnen immer lächerlich. Sie verstehen uns nicht. Wie schön, sagen sie, dichten zu können, Wenn wir es doch auch könnten. Ist es sehr schwer mein Herr?