Dahner Thal Von dem Himmel rauschet rascher Regen, Schwer und trüb durchstreicht der Wind die Räume, Nebel raubt des Lichtes goldnen Segen, Um der Tannenberge dunkle Säume Lagert Dunst. Fürder schritt ich, öfter wars ein Waten, In dem losen Wege, über Trümmer; Hingeschmettert sah ich hohe Saaten, Felsen draufgerollet; steiler immer Ward der Berg. Welchem Zauber ist das Thal erlegen? Welcher Bann hat seinen Reiz getroffen? Wie ein Herz erbebt in Wonneschlägen Bebte sonst in träumerischem Hoffen Hier Natur. Haine tönten, süße Schlummerfrühe War gebreitet über Berg und Auen, Eh die Sonne heiße Tagesmühe Land und Leuten brachte unterm blauen Himmelszelt. Heute schweigt der einst so heitre Morgen, Wolken beugen um die feuchten Hügel, Und Gesichter voll Verdruß und Sorgen Schneiden sie herunter in den Spiegel Seichter Seen. Trauerselig von dem Walle nicken Ritterburgen, alter Herrlichkeiten Düstre Zeugen, Wehmuthsgrüße schicken Sie zu Thal, gedenkend beßrer Zeiten Eisenglanz. Herrlich wohl und schrecklich ist gewesen, Als die Ungewitter sie umrollten! Donner schlug die Mauer, wankend lösen Von dem Fels die Schlösser sich, als wollten Sie vergehn. Sieh! ein neues Wetter hängt im Osten, Fernab grollt es, grelle Blitze zucken, Bang erzittern wieder die verschloßten Saatgefilde, sieh, die Halme ducken Sich mit Hast. Mitleid weckt ihr säuselndes Gewimmer, Und vorüber saust das stolze Wetter. Welcher Sturmwind, hinter ihm der Schimmer, Wirft die Nebel, gleich unnützem Volke, Thalhinaus! Welche Bläue! milden Tages Helle! Himmelsfarbe, keusche, seligreine, Sei gegrüßt mir, lichte Aetherwelle! Sei gegrüßt mit deinem Sonnenscheine Maientag! Nieder, nieder auf den heilgen Boden! Dort wohin das Gottesauge blickte! Wecken müßt es einen Starren, Todten, Wenn die kühle Erde ihn nicht drückte Allzutief! Drüben blüht ein Kirchhof! Sie verscharrten Einen Todten in die kühle Erde. Sänge dringen aus dem Friedensgarten Voll herauf, sie tönen voll: es werde, Ihm auch, Licht! Von der Bergwand ringen sich die Lieder, Klang für Klang auf unsichtbaren Saiten Fortgeschwungen; was ins Grab die Brüder Ihm gesungen, zittert in die Weiten Hundertfach. Denn sie singen, er ist werth der Thränen, Wandrer, seiner Heimath Berge sagens! Diese, fernhin schattend, klagens jenen, Hoch und niedre, und die letzten tragens Himmelan. Hell und rein, dann tief und voll ertönet Berg um Berg, bald wie Gesang des Mannes – Dorther, wo ein Fels den Gipfel krönet – Wieder bald wie Jungfraustimme, wann es Lieblich klingt. Selber sind die Berge Männer, Frauen! Wie die schönen Königskinder klagen Sie sich Liebe – können sich nur schauen, Winde kommen hin und her zu tragen Gruß und Kuß. Auf und fort! du wirst ein weicher Schwärmer, Wandrer, auf den sonnenwarmen Höhen, Trinken Wein jetzt, und an Träumen ärmer Wirst du nicht aus trauter Schenke gehen Von Marien.