Was dann? Wir waren beide klug und welterfahren Und hatten viel geliebt und viel vergessen Und alle beide scheuten wir die Liebe. Wir wussten ja genau, o so genau, Dass Liebe thöricht oder elend mache Und dass der Augenblick uns sicher grüßte, Wo wir bereuten, dass wir menschlich schwach Den feingepflanzten Trieben der Natur Erlegen, dass wir uns der Leidenschaft Der unbequem-brutalen überlassen. Und überängstlich fast vermieden wir Begegnung und Gespräch, ja das Geringste, Das irgendwie im Stand gewesen wäre Uns nah' zu bringen, leicht nur zu verknüpfen. Da kam ein Tag, ein unvergess'ner Tag, Wo sie Dich fanden mit verzerrten Lippen, Mit fahlem Antlitz, starrem Auge, nah' Dem Tode schon, den Du berufen und Ersehnt mit trotzig-ungestümer Lust, Weil Du des Lebens schlammig-trübe Qual Nicht länger tragen wolltest, tragen konntest, Weil Deiner Seele mächtigstes Gefühl Nach Liebe schrie, nach jener alten Liebe Mit süßem Anfang und mit schaalem Ende, Nach jener Liebe, die Du fliehen wolltest. Und als Du so vor mir lagst, reglos, kühl, Und ich des Leides langverhüllte Spur, Den dumpfen Groll, dass Dich der Tod verschmäht, Die Lebensangst und Lebensgier zugleich, Und Deine ganze, stolze, qualverklärte Medusenschönheit sah – da kam es plötzlich Wie heißer Thauwind über mich! – Begrab'ne, Wilddunkle Sehnsucht stieg aus ihrem Sarg, Aufrauschte donnertosend der Gefühle Vereister Flammenstrom und rollte brausend In großen Wellen durch die Seele hin – – – – – – – – – – – – – – – – – – – – – – – – – – Und heut' umfang' ich Deine warmdurchwogten, Prunkvoll-gewölbten, bernsteinblassen Glieder In worteloser Andacht, wonneschaudernd, Und meine Küsse werden zum Gebet. Besinnungslos vor Liebe senken wir Die Augen ineinander, und ich trinke In durstigen Zügen Deinen Athem – Du Den meinen! – Schmerzlich fast umschnüren sich Die trocken-heißen Hände. – Stundenlang Kein lauter Ton, nur tiefgezog'ne Seufzer Und saugend-schwere Flammenküsse oder Ein halbgehauchtes Liebeswort, dann wieder Das alte, süße, wetterschwüle Schweigen. Ja, wir sind selig – selig – selig ... Das gilt für heute, gilt für morgen noch, Vielleicht auch länger, wochenlang vielleicht! Doch dann, was dann, wenn der Gefühle Strom In Nacht verronnen und verrauscht, was dann?