Liebe und Leidenschaft Auch die Leidenschaft erwacht zu ganzer Gewalt erst mit der ganzen Liebe. Ganze Liebe ist auch ganze Sinnlichkeit; aber sie ist geweiht durch die Versenkung der Seelen ineinander, durch den Verzicht auf selbstischen Genuß. Dieser Drang, im Andern aufzugehen, ist dem Weibe eigentümlich; der Mann erwirbt ihn vom Weibe, durch das Weib. Und so liegt ein gewaltiges Stück Entsagung in der höchsten Liebe des Mannes zum Weibe. Das Weib ist selbstlos in seiner Liebe; aber der Mann ist selbstloser, denn er muß es erst werden. Dem Weibe birgt in jedem Augenblick die Liebe alle Erfüllung in sich; der Mann entäußert sich seiner, ehe sie sich erfüllt, eh' seine Leidenschaft zu Liebe wird. Darum aber auch erlöst den Mann die Liebe zur Vollentfaltung seiner Kräfte; das Weib bleibt in der Liebe ruhen.