Orientalisches Potpourri Gestern Nachmittag, meine braune Geliebte, die du nach Ruhm begehrst vor allen Frauen deines Volkes, saß ich in einem Treibhaus, und von allen Palmen und andern Gewächsen flogen mir neue Gedichte zu. Meine Geliebte! Grau in staubiger Wüste stand mein dorniges Blattwerk jahrlang mit durstig schwellendem Fleisch. Plötzlich schoß über Nacht ein steiler Schaft, knospengekrönt, aus dem staubgrauen Schooß in die feurige Morgenluft. Schick mir zu Mittag, Geliebte, deine tausend durstigen braunen Bienen: viertausend goldgelbe Blütenglöckchen haben sich aufgethan und triefen, triefen, triefen von Honigsaft. Meine Geliebte! Wen mit deinen üppig langen Blättern willst du denn umfangen, die du überreichlich treibst? Fühlst du nicht den Abend glühen? Wenn du ohne Blüte bleibst, Schönste, kannst du nie verblühen, Aermste, nie mit Früchten prangen. Meine Geliebte! Mondblau steht mein Kahn, himmeltief der See; fern beim hellen Uferschilf ziehn zwei weiße Enten ihre Bahn. Sehnsüchtig und rot spiegelt sich mein Mund: tauche auf, Geliebte, Dunkle, aus dem blauen Grund, hol mich in den Himmel! Meine Geliebte! Ich bin so rund wie die Erde, mein Fleisch hat Heilkraft, und meine Blume ist zum Küssen schön. Aber hebe mich nicht aus meinem Erdreich: mein Fleisch hat Stacheln, und leicht entroll'ich deiner Hand. Willst du mich küssen, bitte, knie nieder! Solche Gedichte, meine braune Geliebte, könnt'ich dir noch viertausend und einige dichten an Einem Nachmittag, und die würden meine vielen verehrten neuen deutschen und neuesten jüdischdeutschen lyrischen Brüder sicher furchtbar rühmen – aber du bist mir zu lieb dazu.