10. Und sie steigen den bleichen Firnen zu, von dem fernen stummen Blitzdunst umhaucht, der die schwülen Almen, die Pfade, die dunkle Fluh, die Hütten, die Heerden in Geisterlicht taucht – wie verzaubert staunt der Blick einer Kuh. Groß voll Ruhe, weitauf trunken, schlürft das Auge die Himmelsfunken, reglos ragt das Hörnerpaar – Wie die Götterfürstin starrte, wenn sie auf den Gatten harrte, dessen Gruß der Blitzschlag war – raunt der Mann dem schauenden Weibe seltsam zu und macht sich frei. Ein erstickter Schrei – sausend zuckt sein Bergstock an ihr vorbei – und ein Schritt, und funkelnd mit peitschendem Leibe speit unter seinem knirschenden Schuh eine Viper den letzten Blick ihr zu, noch tötlich lauernd. Schützend, schauernd naht ihr seine Stimme: Du – innig bis ins bangste Mark: Lea! meine Löwin! sei stark! Sie hat die großen Augen geschlossen; wie ein klein Mädchen steht sie da mit ihrer Haut voll Sommersprossen, bleich vom Glanz der Blitze umflossen. Wie verzaubert nickt sie: Ja – ich weiß nit, wie mir eben geschah – halt mich noch ein Weilchen umfangen, du warst so ruhig, bleib mir nah – ich wußt ja nit: mir graut vor Schlangen – bis unters Herz ist mir's gegangen – o geh mit deiner Löwin, Du: ich glaub, ich bin – lach nit – dei' Kuh – Und zwei Menschen segnen ihr Todesbangen.