Vierter Reim Venusine in Rom, auf dem Monte Pincio zum Korso, und als Königin unter römischen Dirnen Monte Pincios Garten Knirscht auf allen Wegen, Wenn zur Korsostunde Sich die Wagen regen. Alle Staatskarossen Tragen Römerinnen Wie aus Gold gegossen. Auf dem Petersdome Lagen Abendfeuer. Abendrosen hingen Über Roms Gemäuer. Venus nahte lächelnd, Bettlerinnen ähnlich Mit der Schürze fächelnd. Stieg zu Pincio's Garten Einsam ohne Wagen, Wollte allem Prunke Einfach heut entsagen. Geht im Bauernkleide Zwischen den Karossen, Wie ein Weib der Heide. Palmen und die Blumen, Sie sogleich erkennen, Möchten mit Gerüchen Ihren Namen nennen. Venus lächelt eigen, Und die scheuen Blumen Schließen sich und schweigen. Auch die Instrumente Der Musikkapelle Fühlen Venusine, Werden sanft zur Quelle Heißer Harmonien, Die nie Noten finden Und das Blut durchziehen. In dem Volksgedränge Zwischen Marmorbänken Steht da jung ein Jüngling, Den noch Menschen kränken, Lehnt da leidversunken Am Zypressenbaume, Fühlt sich weltalltrunken. Venus riecht das Schwitzen Dieses Enthusiasten, Sieht den grauen Kragen Unterm Schädelkasten, Fühlt auch Todesschauer, Als er zu ihr sagte: »Ich bin ein – Bildhauer. Du mußt mit mir gehen! Will dich nicht berühren, Nur die Nähe meines Ideales spüren. Hab Dich gleich empfunden – Zahl' für Aktmodelle Lire drei die Stunden.« Venus unumwunden Sagt's heraus dem Knaben: Für Anschauungsstunden Sei sie nicht zu haben. Wer nur in den Augen, Sonst nicht heißer werde, Könnte ihr nicht taugen. Doch der Jüngling altklug Sagt: »Ihr feile Holde, Schielt nur nach den Reichen! Unglück hängt am Golde. Gold sollt man begraben, Weil, ach! die Dukaten Keine Seele haben. Reichtum ist Langweile, Könnt mir pünktlich glauben! Wollte Venus allen Reichen hier erlauben, Daß mal Alle sollten, Die zu Wagen kommen, Tuen, was sie wollten, – Ach, wie wenig Wünsche Lägen hier verborgen! Meistens wären's Seufzer Aus der Lust nach Sorgen. Nicht zwei sich gehörten,« Schrie der Jüngling lauter, »Alle nur sich störten!« Venus lacht: »Ihr glaubet, Daß dann nur die Pferde Offne Liebe zeigten Mit Geschlechtsgebärde, Damen und die Herren Und die Grooms und Diener Nur den Mund aufsperren? Herrlein, strebt doch lieber Erst mal Gold zu haben, Ehe Ihr Verwünschung Ausstoßt wie die Knaben! Glaubt mir: all die Reichen Sind nicht blaß vom Schlafen, Auch die Lieb' macht bleichen. Fruchtbar von dem Golde Leben alle Sinne. Armut darf sie dulden, Reichtum nährt die Minne. Und der Seele Leiden Und des Leibes Schmerzen Wohnen bei den Beiden.« Staunend horcht der Jüngling Auf die Bauerndirne, Die ihm überlegen Stark an Herz und Stirne. Ihm beginnt zu zahnen Weisheit und Vertrauen, Er tut Weltlust ahnen. Venus läßt ihn stehen, Wendet sich zu Gassen, Wo in hohlen Häusern Feile Dirnen saßen. Tritt in einen Garten, Gleich des Königs Gattin, Daß die Dirnen starrten. Amor macht den Pagen, Eckehardt den Knappen, Tragen auf den Fräcken Stolz des Königs Wappen. Und als Königine Setzt sich zu den Dirnen Huldvoll Venusine. Spricht: »Ich nenn euch Schwestern! Seht: hier Pag' und Knappen Bringen neue Kleider, Legt jetzt ab die Lappen! In dem Festgewande Dürft ihr festlich minnen, Frei von Spott und Schande. Und in jedem Kleide Liegt die Kunst zu minnen. Lieder könnt ihr singen, Besser tanzen drinnen. Und ein jedes Mieder, Das ich euch hier schenke, Gibt euch keusche Glieder.« Alle Dirnen staunen – Venus spricht nichts weiter – Kleidet jede Dirne. Alle werden heiter. Die verloren saßen Ziehen wie Prinzessen Zierlich auf die Straßen. »Sollt' euch was passieren,« Spricht die Königine, »Ruft das eine Wörtlein Laut aus: Venusine! Alle Dirnen strahlen, Daß des Königs Gattin Sie erlöst aus Qualen. Ach, die hohe Freude Konnt nicht lange währen, Denn die Ehefrauen Wurden fast Megären. Keine konnt mehr ruhen, Ohnmacht kam nach Ohnmacht, Gab dem Mann zu tuen. Denn so lang in Straßen Zierlich sich benahmen Schandefrei die Dirnen, Fielen um die Damen. Keine wollt erwachen, Und die Männer mußten Krankenwärter machen. Um die Mittnacht riefen Mit betrübter Miene All die Straßendirnen Herzhaft: »Venusine!« S' fielen ab die Kleider, Und aufs Neu in Lappen Sahen sie sich leider. Wieder frech in Farben Sie durch Straßen liefen, Daß die Ehefrauen Eifersuchtlos schliefen. Frechheit sich bemühte Statt der Grazie wieder, Unds Geschäft, das blühte.