Zwölfter Reim Venusine thront im Himmel, wo sie jüngstes Gericht hält und den Liebesdichter Dauthendey an ihre rechte Seite setzt Brennend brannte Sonne Auf die Weinbergmauern, Selbst die Steine konnten Einem schwitzend dauern. In dem juliblauen Himmel standen Wolken Weißgedeckt zu schauen, Weißgedeckt wie Tische, Die auf Gäste warten. Dauthendey, der Dichter, Sah's von seinem Garten. Nahm vom Stall den Schimmel, Den er täglich reitet, Sprengte in den Himmel. Sah der Erde Väter An den Tischen schmausen; Aßen, tranken, lachten Ohne lange Pausen. Biblische Gesichter Grüßten ihn gar höflich, Ihn, der Liebe Dichter. Venusine selber, Frei von Kleid und Schleppe, Rannte ihm entgegen An der blauen Treppe. Fiel ihm in die Arme, Lacht mit vollen Backen Frei von Trän' und Harme. »Über Deinem Garten Deckten wir die Tische. Alle Speisen warten, Suppe, Omelett', Fische, Kaviar und Kapaunen. Und die Musikanten Rufen mit Posaunen. Siehst Du Adam, Moses, Abraham und Aron? Siehst Du Homer, Dante, Goethe und auch Charon? Heut ist ›Jüngst's Gerichte‹. Deshalb kommt man nämlich, – Flott wird die Geschichte. Seit der Teufel neulich Schnell aus Lieb gestorben, Hat er samt der Hölle S' Himmelreich erworben. Himmlisches Gelichter, Platz«, ruft Venusine, »Platz für meinen Dichter!« Dauthendey muß sitzen Ihr zur rechten Seite, Er, der schon sein Lebtag Um die Venus freite. Teufel sitzt zur Linken. Venus, Teufel, Dichter Dutzen sich und trinken. Venusine drückte Unterm Tisch die Zehen Beiden von den Gästen – Liebe mußt' entstehen. Lange konnt's nicht dauern, Ward die Luft zu enge Selbst in Himmelsmauern. Teufel eifersüchtig Ließ sich gar nichts merken. Dauthendey, erstickend, Mußt' am Wein sich stärken. Die vom Testamente, Von dem alt und neuen, Sagten: »Prost Entente!« Venusin verlegen Küßte ihren Dichter. Teufel lachte vorne, Hinten schnitt er G'sichter. »Bin ich nicht gestorben Jüngst erst Dir zu Liebe Und jetzt unverdorben?« Also fragte leise Teufel Venusine. Diese aber teuflisch Lacht mit Himmelsmiene: »Unter uns gesprochen Hast Du einst nach Schwefel Besser mir gerochen. Teufel, warst mir lieber, Wie Du noch am Leben Wilder als ein Wilder, Die nicht Gnade geben. Heute hier im Himmel Lieb ich mehr den Dichter, Mehr selbst seinen Schimmel.« Zornig ward der Teufel Über alle Maßen. Wollte gerne wettern, Aber selbst das Hassen, Das ihm gut gestanden Unten in der Hölle, Kam ihm jetzt abhanden. Gütig war der Böse Gar nicht zu erkennen; Ängstlich von der Tafel Tat er weiterrennen, Ängstlich aus dem Saale Fort von allen Guten, Fort vom Liebesmahle. An der blauen Treppe Stand des Dichters Schimmel. Diesen stiehlt der Teufel, Reitet aus dem Himmel. Seine Wege münden Wieder auf die Erde, Will dort Höllen gründen. Und dort wird er Zensor, Der den Dichter bindet, Kritikus daneben, Der die Haut ihm schindet. Bis er davon müde, In dem Reichstag sitzet Und plaidiert fürs Prüde. Aber alle Leiden, Die der Teufel dichtet, Nicht dem Menschen schaden, Der zur Venus flüchtet. Venus wird erlösen Alle ihre Dichter Von den Prüden, Bösen. Venus hat den Vorsitz An den Himmelstischen, Tut auch ihrem Liebling Selbst den Mund abwischen. Gar nichts muß er müssen, Läßt den Teufel fluchen, Darf die Venus küssen. Kommt man in den Himmel, Fragt Dich ins Gesichte Venusin, als Richter Von dem Weltgerichte: »Tat Dein Blut auch lieben Echt und ohne Logik? Dann wird dageblieben. Hast Du's nicht gelernet, Dann nochmals auf Erden Mußt zum echten lieben Du geboren werden. Dann zurück zur Erde, Lerne Feuer fangen, Wie die Dichterpferde! Feurig ohn' Gedanke Nimm Unmöglichkeiten! Herzen sattelfester Als Gehirne reiten. Nicht mit Kritik-Miene Schau aufs Ideale, Sonst flieht Venusine.« Lebt jetzt wohl ihr Menschen, Die ihr dies gelesen! Ist euch manches fettig Und zu fett gewesen, Schleckt euch eure Hände. Von dem Venusreime Ist jetzt dies das Ende. ENDE