Sechster Reim Venusine wird Frau eines Sergeanten, wobei sie sich töten, begraben läßt und aufersteht Venus wandelt nächtlich Draußen bei Kasernen, Dirnenhaft gekleidet, Unter den Laternen. Fähnrich und Sergeanten Sich mit Säbelrasseln Fleißig nach ihr wandten. Und bald folgt ihr Einer In die Seitengassen, Drückt ihr fest die Hüften, Kann sie nicht mehr lassen. Venus war nicht böse, Freut sich seiner Hände Und des Schnurrbarts Größe. Ehrlich sind Soldaten, Weil sie gradaus lieben, Deshalb ist die Venus Auch bei ihm geblieben, Tat mit Lust sich schenken Jede Nacht von Neuem, Ohne jed' Bedenken. Der Sergeant bald sagte: Nie mehr wollt er scheiden. Heirat wär das Beste Zwischen ihnen beiden. Venus, unter Lachen, Freut sich seiner Treue Und tat Hochzeit machen. Beim Kasernenhofe Öffnet Venusine, Als die Frau Sergeantin, Eine Schnapskantine Und lebt ohne Wolke Lustig so drei Tage Beim Soldatenvolke. An dem dritten Abend Macht, zur Mittnachtstunde Der Sergeant im Hause Noch einmal die Runde, Als er in den Kellern Gläserklingen hörte Und Geräusch von Tellern. »Venusine!« rief er; Ist ans Bett geschlichen. Doch das Bett stand einsam – Venus war entwichen. Der Sergeant, der blasse, Eilt und sieht im Keller Zwei bei einem Fasse. Eine Kerze brannte. Venus saß im Schooße Einem Mann. Sie tranken. Er war ohne Hose, Ohne West' und Kleider. Der Sergeant, er stolpert Und verrät sich leider. Fluchend richtet er sich Wieder auf die Beine. Da stand Venus vor ihm Lächelnd und alleine, Ihr Besuch verschwunden. – Nur der Teufel hatte So schnell fortgefunden. »Stirb!« schrie ohn' Besinnen Der Sergeant betrogen. Und er hat den Säbel Wütend blank gezogen. Venus, immer lächelnd, Lächelt unerschrocken, Mit dem Hemd sich fächelnd. Der Soldat verwundert Läßt den Säbel sinken, Weil der Venus Reize Unterm Hemd ihm winken. Doch nicht gleich zu Willen Ist er heut der Dame, Stürzt erst fort im Stillen. Schließt sie ein im Keller Und läßt Venus warten. Gräbt ein Loch im Dunkeln Draußen in dem Garten, Schlägt ein Kreuz darüber – Und geht dann von Neuem Zu der Liebe über. Hebt sie auf die Arme, Wirft sie auf ihr Lager. Liebt sie wild inbrünstig; Sein Gesicht wird hager, Blutleer seine Miene. Leib an Leib im Lieben Würgt er Venusine. Als ihr Leib sich streckte In der Todesstarre, Schneidet er ein Löckchen Noch von ihrem Haare, Trug sie dann zum Garten, Wo die Hände zärtlich In die Erd' sie scharrten. Tiefe Trauer zeigt er, Doch zeigt keine Reue, Legt sich auf sein Lager Und schläft ein aufs Neue. Venus aber, lächelnd, Ist zurückgekommen, Wieder hemdenfächelnd; Legt sich ihm zur Seite, Sprach: »Du hast gelitten, Männlich Dich benommen! Will dich darum bitten: Diesen Leib, den schenke Ich Dir lebend wieder, – Ewig an mich denke!« Und sie läßt zur Seite Eine Frau ihm liegen, Schön, wie sie die Menschen Nie auf Erden kriegen, Gleich dem Venusbilde, – Macht die Nacht vergessen Und verläßt ihn milde.