Achter Reim Venusinens Besuch bei Sankt Peter auf dem Peterstuhl Mit dem Zwölfuhrschusse, Bei dem schönsten Wetter, Trat die Venusine Ein bei dem Sankt Peter. Herrlich sind die Hallen, Und der schlimmsten Heidin Mußten sie gefallen. Manche Marmorfließe, Manche von den Säulen Kannte Venus wieder Und verbiß das Heulen. Vieles, was da schmückte, Kam von alten Tempeln, Wo man ihr sich bückte. »Möcht' heut keinen Tempel.« Menschen, wenn auch beten, Gutes und auch Böses Sie doch immer täten. Aber schöne Hallen, Wo man sich ergötzet, Das tät mir gefallen! »Guten Morgen Peter!« Zu dem Bronzebilde Nickte Venusine. Peter dankte milde, Bat sie Platz zu nehmen Neben ihm im Stuhle, Auf dem Unbequemen. »Sitz hier schon zu lange,« Sprach der alte Peter; Sprach gleich von Geschäften Und nicht erst vom Wetter. »Keiner will mehr glauben, Nicht an Höll' und Himmel, Zeit tut's jedem rauben. Sag mir Venusine: Hast Dich nicht verändert! Auch die Augenlider Sind wie stets berändert. Hast Du wen gefunden, Der in Rom Dich liebte, Wenn auch nur für Stunden?« Venusin errötet: »Lieber Indiskreter, Alles mußt Du wissen, Beichten soll ich Peter? Selten fand ich Leute, Die ich lieber küßte, Als den Teufel heute.« »Weit soll nicht der Himmel Von der Hölle liegen! Darum, Venusine, Sollst 'nen Kuß Du kriegen. Darf ich mir erlauben?« Eh' noch Venus hörte, Tat Sankt Peter rauben. Venus lacht und plaudert: »Was ich fragen wollte: Wie geht's Magdalena, Die bereuen sollte? Immer wollt ich wissen: Tat sie Deinen Herren Damals niemals küssen?« »Geh, schwätz nicht Nusine, Lene wollt' schon gerne. Doch der Herr, verstehe, Hielt sich Weiber ferne.« »Doch«, rief Venusine »Lazarusens Schwester Hegte für ihn Minne! Küßt' er nie Maria, Die kein Kochtopf quälte, Und von beiden Schwestern S' beste sagt man, wählte? Wenn sie ihn nicht küßte, Wo wohl dann das beste Sie da finden müßte? Und Pilatus' Gattin? Nachts sie von ihm träumte. Wenn er die nicht küßte, Bestes er versäumte. Hat ans Kreuz er müssen, Weil er niemals liebte Und kein Weib wollt' küssen?« »Du fragst wie die Heiden, Heute fragt so Keiner. Nur ich Dich verstehe, War ja selbst mal Einer.« Also plaudert Peter. Lenkt dann das Gespräche Endlich jetzt aufs Wetter. »War der Himmel freundlich Auf der Hierherreise? Kamst du mit dem Auto Oder D-Zugsweise? Sag, wie ist das, sage: Schlafen nie die Bahnen? Fährt man Nacht und Tage? Und noch Eines höre: Weißt Du, die Sibylle, Die einst einem Kaiser Heimlich und in Stille Ferne Zukunft sagte, Diese Zeit wie heute Ihm zu schildern wagte, Meinte: wenn die Menschen In die Ferne sprechen, Durch die großen Alpen Große Löcher brechen, Und dann auf der Erde Wagen einfach laufen, Wagen ohne Pferde, – Dann kehrt auch die Wollust Zum Olympe wieder, Und die Kreuze fallen Von den Kirchen nieder. Sag mir«, zittert Peter, »Stehen so die Dinge? Ist es solches Wetter?« – Venusin nicht gerne Greise bange machte, Sprang vom Stuhl herunter, Guckt' hinauf und lachte. Rief: »Ich möcht vergehen! Find's so furchtbar komisch, Küßt man Deine Zehen! Kam da just ein Mönchherr, Sah uns beide plaudern, Ist zum Papst gelaufen, Sagt's ihm unter Schaudern. Darum will ich gehen, Will Dich nicht blamieren. Peter, Wiedersehen!« Venus wirft 'ne Kußhand, Lief zur Ledertüre; Dankte laut im Freien, Daß sie Freiluft spüre. Sprang mit einem Satze Tief in die Fontäne Auf dem Petersplatze.