Vber Herren Johannis Härtleins Absterben O Du newer Himmels Gast Der du bist versetzet worden In der Tausent Heilgen Orden Seit du abgeleget hast Deines Leibes schwache Glieder, Seit du vns hie deine Brüder Lessest tragen Leid vnd Pein Einig nur von wegen dein, Nimb doch an von mir die Thränen Durch das Zeugnus meiner Hand Alß der trewen Sinnen Pfand Die sich immer nach dir sehnen, Laß nur, O du newes Liecht, Deinen Schatten vmb mich schweben, Wo dein' Ewigkeit dich nicht Her lest schaden in dies Leben. Könte nur mein schweres Leid Mir ein zierlich Lied vergönnen, Möcht' ich recht beschreiben können Deine hohe Zierligkeit, Lufft vnd Himmel solten hören Was ich dir zu deinen Ehren Hett' ertichtet, deine Zier Hat gegläntzt vns andern für, Wie die Palmen auffrecht stehen, Wie der Rosen edler Schein Lesst die Myrten schamrot seyn, Wie der Mond pflegt auff zu gehen, Deiner Rede Zier vnd Macht Vnd der anmuth deiner Sitten, Deine Höflichkeit vnd Pracht Haben bey dir wie gestritten. Die Jugend, welche du so trewlich hast gelehret Mit Sanfftmuth, die beweinet dich, Es kräncken deinetwegen sich Bey denen nur noch Tugend wird geehret, Was mich hierinn belangt, ich bin nicht mehr bey mir, Kan gantz mich nicht zu frieden geben, Denck' offt in Einsamkeit zu leben, Es kömpt dein Schatten Tag vnd Nacht mir für. Offt wil ich zu dir kommen, Dieweil mir stets entfellt, Daß dich der Todt genommen Hat in sein schwartz Gezelt. Were so nur mein Gesang Wie des Thracischen Poeten; Rahten wolt' ich meinen Nöhten, Vnd, wie er den Todt bezwang, Also wolt' ich durch mein singen Dich ins Leben wieder bringen, Durch des strengen Charons Fluß Oder durch den Tenarus Wolt' ich vngeschewt mich finden, Würd ich durch des Todes Macht Gleich darüber hingebracht Vnd behalten in den Gründen, Weil ich ohne dessen kaum Leb' vnd mit dir, so zu sagen, Bin ein Schatten vnd ein Trawm Vnd zu Grabe hin getragen. Wvnsche was zu wünschen steht, Die so einmahl schon ableiben, Werden wol dahinten bleiben, Keines jhr zurücke geht, Was man diesfals pflegt zu schwatzen Von Euridicen sind fratzen, Singet gleich die Nachtigal Daß es schallet vberal, Rufft dem Lentzen noch so helle, Bleibt er doch, vnd ist dahin, Weiß nichts vom zurücke ziehn, Gönnt dem Sommer raum vnd stelle, Kan der Tag der gestern war Wieder kehren auff dein flehen? Wirst du auff das andre Jahr Diesen Schnee auch wieder sehen? Wie ist es doch mit vns und allen vnsern Sachen Allhie so gäntzlich nichts bewand! Was hat wol vberal bestand Davon wir sonst vns grosse Hoffnung machen? Indem daß mancher erst zu leben recht beginnt, Eh' alß er sein recht kan geniessen, So wird er eilends fort gerissen Durch die so vns des Lebens Faden spinnt. Wem ist wol nach gegeben Zu wissen, daß er mag Gewißlich noch erleben Auch nur den nechsten Tag? Hilfft nun was durch Schnee vnd Eiß In der weiten Welt vmbziehen, Sich nach Geld' vnd Ehre mühen, Stets ertragen Staub vnd Schweiß, Helffen was der Schönheit Sachen, Vnd bey Büchern sich verwachen, Durch Geschickligkeit vnd Kunst Stehn nach grosser Leute Gunst, Wenn wir in der besten Blüthe Also werden fort gerafft, Bleiben ohne Geist und Krafft Außgenommen das Gemüthe, Das von vns noch vbrig bleibt Wenn der Cörper gantz erstarret Wird der Erden einverleibt Vnd tieff in den Sand verscharret. Doch stirbt auch die Tugend nicht Welcher Lob dann angereget Sich recht erst zu stärcken pfleget, Vnd der trewen Freundschafft Liecht Wird dann erstlich recht erhaben Wann wir liegen tieff begraben, Dann dann fellt vns erstlich ein Wer recht trewe pflag zu seyn; Darumb solt auch du nun werden, Liebste Seel', in mir erhöht Wo die rothe Sonne geht Vnd der Mond mit seinen Pferden, Wo nur diese meine Hand Wird nach meinem Tode bleiben, Wird dein Nahm' auch sein bekandt Vnd in Ewigkeit bekleiben. Die Erde müsse dir die Glieder nicht beschweren, Kein Nordenwind, kein Wasser nicht, Kein Mond, vnd keiner Sonnen Liecht Die wollen deine Ruhe dir gefähren, Es lasse Flora dich mit Blumen bester Art Begabet seyn, die Nymphen müssen Dir jmmer sitzen zu den Füssen, Damit dein Leichnam werde recht bewahrt, So offt ich werde gehen Bey deinem Grab' allhier, So wil ich stille stehen Vnd seufftzen stets nach dir.