Betrachtung der unseligen Ewigkeit O Eitle Welt, O kurtze Zeit, Dort für der langen Ewigkeit, Die ich mit nichts weis zu vergleichen, Vnd keine Weißheit kan erreichen. Ein Tröpffchen bey der großen See, Ein Flöckchen itzt bey allem Schnee, Ein Sandkorn bey der Erden Möcht' etwas angesehen werden. Allein auch so viel tausend Jah, Als aller Welt Vieh träget Haarr Der Frühling Graß, sind nicht zu, nennen, Das Ziel der Ewigkeit zu kennen. Was sind die kurtzen Jahre dann, Die hie erreichen mag ein Mann, Vnd wüst' er gleich mit langem Leben Methusalem nichts nachzugeben? Nun senckt man so viel tausend ein, Die lang nicht achtzig-jährig seyn, Stirbt wer von zehnmal sieben Jahren, Der ist sehr alt dahin gefahren. Das leugnet keiner, und gleichwol Sind wir so blind und Thorheit voll, Daß wir die Ewigkeit für allen Vns lassen also leicht entfallen. Wir bawen tieff in diese Welt Vnd stehn nach Hoheit, Macht und Geld, Zucht, Recht und Liebe muß erkalten Vnd aller Frevel Platz behalten. Diß wäre lang nicht so gemein, Fiel uns die Ewigkeit recht ein, Sie würd' uns bald das Fleisch betäuben Vnd ihm den Kitzel wol vertreiben. Sie züchtigt unsern geilen Sinn, Sie ist der Sitten Meisterinn, Sie ist der Brechzaum aller Lüste Vnd macht den Weg zur Höllen wüste. Kein Wüterich, der sie zuletzt Ihm recht hat in das Hertz gesetzt, War jemals von so harten Sinnen, Die Ewigkeit kunt' ihn gewinnen. Sie hat für königlichen Pracht Ihn in ein hären Kleid gebracht, Durst, Hitz' und Kält' und andre Plagen Der Dürfftigkeit gelehrt ertragen. Denn welches wilden Menschen Hertz Ist so aus hartem Stahl und Ertz, Der, wann er an die Glut gedencket, Die ewig brennt, den Sinn nicht lencket? Der Höllen-Hencker dreut uns dort In Ewigkeit nur Quaal und Mord, Er speyt aus seinem Bauch zusammen Rauch, Nebel, Schwefel, Pech und Flammen. Die Folterbanck und ihre Pein Sind dort zu schlecht und zu gemein, Dort ist viel ander Ungeheuer, Viel andre Noht, viel ander Feuer. Die Finsterniß, die vor der Zeit Egypten schuff so grosses Leid, Die Nachtgespenster und was Schrecken, Furcht, Gram und Grauen kan erwecken. Das Wetter das ohne ablaß schlägt, Das Gifft das Todes-Angst erregt, Antiochs Pein, Herodis Läuse, Die Ratten Popiels, Hattons Mäuse, Was Marter je erdacht Busir, Der Römer Creutz, Perillen Stier, Was Hunde Jesabel zerrissen, Was Schlangen Israel gebissen. Das höchste Leid, das alle Welt Für groß und unerträglich hält, Wird beydes einzel und mit Hauffen Dort über uns zusammenlauffen. Vnd wäret dieses Trauer-Spiel Ach Ewig und ohn alles Ziel! Der Tod der sehnlich wird gebeten, Wird ewig, ewig von uns treten. Es wird dort eines jeden Pein Des andern und die unsre seyn, Für welcher Angst und blossen Zeichen Man tausendmal wol möcht' erbleichen. Die hochbetrübte Melodey, Das Zetter-, Noht- und Quaal-Geschrey Der Leidenden wird ewig wären, Vnd keiner wird daran sich kehren. Bedencket dieses in der Zeit, Vnd flieht die rohe Sicherheit Die ihr allhie der Sünden Leben, Das ewig tödtet, seyd ergeben. Seht daß ihr in Bereitschaft steht, Der eiteln Dinge müssig geht, Durch wahre Reu euch Gott bequemet Vnd eures FleischesReitzung zähmet. Wir wissen umb die Stunde nicht, Wenn uns der Tod stellt vor Gericht, Drumb sollen wir zu allen Zeiten Vns zu der letzten Fahrt bereiten. Ist dann geendet unser Lauff, Thun sich nur zweene Weg uns auff, Der breite führt hinab zur Hellen, Der schmale zeigt die Himmels-Stellen. Die ihr allhie in Trübsal schwebt, Verachtet, kranck und dürfftig lebt, Seyd froh und hofft nach diesem Leiden Die ewig-selig Himmels-Freuden. Was ist es groß ein zehen Jahr Vnd zwantzig leben in Gefahr, Vnd tragen Noht und schmach auff Erden, Vnd ewig dort erfreuet werden? Hie herrschen eine kurtze Zeit In Trotz und Vngerechtigkeit Vnd wegen seiner bösen Thaten Dort ewig in der Höllen braten? O Gott schick deines Creutzes Glut Vnd läuter unser Fleisch und Blut, Such unsrer Schuld allhie zu lohnen Vnd ewig unser dort zu schonen.