Klage meiner liebsten Muhme Hedwig Vogler in ihrer Kranckheit Wielang sol deine Zorn-Flut sich Getrewer Vater, über mich, Mich, dein Geschöpff, ergiessen? Laß endlich auch Nach altem Brauch Ein Gnaden-Bächlein fliessen! Ach deine Hand ist mir zu schwer, Zermalmstu mich doch, wie ein Beer Dem Schäfflein, seinem Raube, Des Löwen Muth Der Hindin thut, Der Habicht einer Taube. Schaw, wie die sieche Lager-stat Mich Ärmste zugerichtet hat, Ich lieg' in Durst vnd Schmertzen, Kein Kraut, kein Safft Ersetzt die Krafft, Die mir entgeht im Hertzen. Der Sinnen Fertigheit gebricht, Für grosser Ohnmacht red ich nicht, Die Zunge bleibt mir kleben, Aus Schwachheit muß Ich mit Verdruß Mich andre lassen heben. Ich trage Grawen für der Nacht Vnd habe gantz mich außgewacht, Mein Schlaff ist Pein vnd Sorgen: Ich sehne mich So sehr, als sich Kein Wächter, nach dem Morgen. Komm, sag ich, Tag-Liecht! kömpt es dan, So geht mit jhm mein Leyd erst an, Durchdringt mir Marck vnd Beine, Ich liege naß Ohn vnterlaß Von Thränen, die ich weine. Auch greiffstu mir mit Plagen ein, Die nicht zu offenbahren seyn, Vnd dennoch in mich dringen: Wer gläubt es wol? Mein Hertz ist vol, Vnd möchte nur zerspringen. Erkennstu nicht, daß ich vorhin Ein abgelebte Wittwe bin, Die sehr sehr viel erlitten? Ach welche Zeit, Hat Grahm vnd Leydt Mir nicht das Hertz bestritten? Nicht, daß mir für dem Tode grawt; Nein! sehnt dieß Fleisch vnd diese Haut Doch schon sich zu verwesen: Mein Alter spricht, Ich habe nicht Mehr hoffnung zu genesen. Ich bin so müd vnd satt der Welt, Als etwa einer, den man hält Hart auff den Hals gefangen, Der Bande Last Von Hertzen hasst, Vnd wäre gern entgangen. Mich kräncket, daß du mich so schlägst, Nicht tödtest, sondern Lust nur trägst Biß auff den Todt zu schwächen: Ist denn mein Hertz Ein Felß vnd Ertz, Vnd wil nicht endlich brechen? Der Artzt verzweiffelt gantz an mir, Die Freunde sind bißweilen hier, Zu sehen, wie es stehe; Doch auff der Flucht, Ein jeder sucht Nur wie er von mir gehe. Sie giessen lauter scharffen Wein, Nicht Oele, meinen Wunden ein, Man wil mich nicht verbinden, Vnd sagt wol frey, Dieß alles sey Ein Lohn der grossen Sünden. Ja, Herr, ich habe mißgethan, Vnd mein Gewissen klagt mich an: In Schuldt bin ich gezeuget, Mit böser Lust Hat mich die Brust Der Mutter abgesäuget. Doch wiltu nach der Schärffe gehn, Wie wird die gantze Welt bestehn? Gerecht sind deine Sachen: Wer weiß allhier Ein Wort für dir, Das tauglich sey, zu machen? Ich bin für deiner wilden Handt Ein zartes Blümchen, das den Brandt Der Sonnen nicht kan tragen: Ich bin ein Graß Vnd springend Glaß, Was wiltu an mir schlagen? Bist du kein Witwen-Vater mehr? Wo bleibt dein alter Nahm vnd Ehr'? Hat nun dein Wort ein Ende? Begehrt dein Mundt Ohn Hertzens Grundt, Daß man zu dir sich wende? Was aber red ich? O der Schuld, O vnermäßlich' Vngedult! O erst ein grosses Leyden, Das ich mich dein In dieser Pein Nicht recht weiß zu bescheiden! Was meister' ich doch deinen Raht Der alles dieß beschlossen hat, Der mich so lässet quälen? Was er schon thut, Ist recht vnd gut, Er wird in keinem fehlen. Ich bin dein Bild vnd dein Gemerck, Vnd deiner Hände thewres Werck, Dein Tohn vnd dein Leib-eigen: Derwegen wil Ich lieber still Zu aller Straffe schweigen. Gieb meinem Jammer keine Ruh, Ich schliesse meinen Mund dir zu. Wil nichts dawieder sagen. Fahr jmmer fort! Nur laß mich dort, O Vater, vngeschlagen. Laß hie die jnnerliche Pein, Die Hitze, meine Helle seyn, Hie mag der Durst mich kräncken, Wenn mich nur nicht Nach diesem Liecht Der Hellen Bäche träncken. Herr Jesu, wahrer Pelican! Komm, frisch mein durstig Hertz doch an, Gieb Kühlung meiner Zungen! Wirff nicht mich hin, Weil ich auch bin Ein kleines deiner Jungen. Auch ich bin dir ein thewrer Kauff. Ich sperre meinen Mund dir auff, Laß nur ein Tröpfflein fliessen Von deinem Blut, Es lescht die Glut Der brennenden Gewissen. Gieb, daß ich willig leyden mag Mein Elend, deiner Liebe Schlag; Schleuß mich in deine Wunden: Vnd kürtz einmahl Mir diese Qual Mit einer seelgen Stunden.