An Herrn Friedrich von Schlieben, Hauptmann zu Tilsit 1653. 9. May. Auch der Tag ist geschlossen, Die dunkle Nacht ist hier. Mein Hertz, sey unverdrossen Und sprich: ich danke dir, Daß du dein' Hut, o Gott, Hast ob mir lassen walten Und von mir abgehalten Der Boßheit finstre Rott, Indem der Höllen Rachen Ohn Ablaß offen steht Und tausend Stricke wachen, Durch die man irre geht. Wer kennt, die überall Nur heut sind aufgerieben? Die sind durch Mord geblieben Und die durch andern Fall! Und der hätt über Hoffen Gar leicht auch mich entwandt; Daß ich nicht bin getroffen, Thut deine GnadenHand Und große Treu allein, Die bey den schwehren Sünden, Durch die wir dich entzünden, Uns noch läßt übrig seyn, Uns väterlich beschützet Mit Mauren fest umschränkt Und alles was uns nützet Gar überflüssig schenkt. Thät einig die es nicht, Es wär um mich geschehen, Ich würde nimmer sehen Das schöne Sonnen Licht. Um solcher Güte willen Trag, Herr, mit mir Geduld, Laß deinen Sohn dich stillen Von wegen meiner Schuld, Der hat mich loß gebürgt, Der alles abgetragen, Als er ward wund geschlagen Und an dem Creutz gewürgt. Und weil ich jetzt soll schlafen, Denn also hastu mich Sammt andren, Gott, geschaffen, So bitt ich ferner dich, Laß deiner Engel Schaar Mich diese Nacht behüten Für Satans List und Wütten, Für Schrecken und Gefahr. Halt Noth und Todt im Zügel Und deck mich fleißig zu Durch deiner Gnade Flügel, Damit ich sicher ruh. Und sollte diese Nacht Der Todt mich überfallen, So nimm, o Gott, für allen Mein arme Seel in acht. Laß sie in deine Hände Dir jetzt befohlen seyn, Gieb mir ein seelig Ende Und nimm mich Himmel-ein. Dafür soll meine Zeit Dir stets ein Lob darbringen, Biß ich dir dort kan singen In alle Ewigkeit!