Die Nachtigall, und derselben Wett-Streit gegen einander Im Frühling rührte mir das Innerste der Seelen Der Büsche Königinn, die holde Nachtigall, Die, aus so enger Brust, und mit so kleiner Kälen, Die größten Wälder füllt, durch ihren Wunder-Schall. Derselben Fertigkeit, die Kunst, der Fleiß, die Stärcke, Veränderung und Ton sind lauter Wunder-Wercke Der wirckenden Natur, die solchen starcken Klang In ein Paar Federchen, die kaum zu sehen, sencket, Und einen das Gehör bezaubernden Gesang In solche dünne Haut und zarten Schnabel schrencket. Ihr Hälschen ist am Ton so unerschöpflich reich, Daß sie tief, hoch, gelind' und starck auf einmahl singet. Die kleine Gurgel lockt, schnarrt, zischt und pfeift zugleich, Daß sie, wie Quellen, rauscht, wie helle Glocken, klinget. Sie zwitschert, stimmt und schläg't mit solcher Anmuht an, Mit solchem nach der Kunst gekräuselten Geschwirre; Daß man darob erstaunt, und nicht begreiffen kann, Ob sie nicht seuftzend lach', ob sie nicht lachend girre. Ihr Stimmchen ziehet sich in einer holen Länge Von unten in die Höh, fällt, steigt aufs neu' empor, Und schweb't nach Maaß' und Zeit; bald drenget eine Menge Verschied'ner Tön' aus ihr, als wie ein Strom, hervor, Zuweilen seuftzet sie, und winselt, daß man meynet, Sie werde sterben; aber bald Erhebet sie, mit feuriger Gewalt, Den reinen Ton aufs neu. Dann eben scheinet, Es woll' ihr lieblich-scharfes Singen, Als wie ein Pfeil, uns in die Seele dringen. Zwitschern, seuftzen, lachen, singen, Girren, stöhnen, gurgeln, klingen, Locken, schmeicheln, pfeifen, zucken, Flöthen, schlagen, zischen, glucken Ist der holden Nachtigall Wunderbar gemischter Schall. Es scheint so gar der Nam' allein Ein Inbegriff der Frühlings-Lust zu seyn. Wenn etwa jemand spricht: es sang die Nachtigall; Kann fast des blossen Wortes Schall So viel zu wircken taugen, Daß in der meisten Hörer Augen Sich ein geheim Vergnügen zeiget. Sie dreht und dehnt den Schall, zerreisst und füg't ihn wieder; Singt sanft, singt ungestüm, bald grob, bald klar und hell. Kein Pfeil verfliegt so rasch, kein Blitz verstreicht so schnell, Die Winde können nicht so streng' im Stürmen wehen, Als ihre schmeichelnde verwunderliche Lieder, Mit wirbelndem Geräusch, sich ändern, sich verdrehen. Ein rollend Glucken quillt aus ihrer holen Brust; Ein murmelnd Flöthen lab't der stillen Hörer Hertzen. Doch dieß verdoppelt noch und mehrt die frohe Lust, Wenn etwan ihrer zwo zugleich zusammen schertzen. Die singt, wann jene ruft; wann diese lockt, singt jene, Mit solch- anmuthigem bezaubernden Getöne; Daß diese wiederum, aus Misgunst, als ergrimmt, In einem andern Ton die schlancke Zunge stimmt. Die andre horcht indeß, und lauscht, voll Unvergnügen, Ja fängt, zu ihres Feind's und Gegen-Sängers Hohn, Um, durch noch künstlichern Gesang, ihn zu besiegen, Von neuem wieder an, in solchem scharfen Ton, Mit solchem feurigen empfindlich-hellem Klang, Mit so gewaltigem oft wiederhol'tem Schlagen, Daß, so durchdringenden und heftigen Gesang, Das menschliche Gehör kaum mächtig zu ertragen. Wer nun so süssen Ton im frohen Frühling hör't, Und nicht des Schöpfers Macht, voll Brunst und Andacht, ehrt, Der Luft Beschaffenheit, das Wunder uns'rer Ohren, Bewundernd nicht bedenckt; ist nur umsonst gebohren; Und folglich nicht der Luft, nicht seiner Ohren, wehrt.