Der Regen Joh. XXXVI, 27. 28. Er machet das Wasser zu kleinen Topfen, und treibet Seine Wolcken zusammen zum Regen, daß die Wolcken fliessen, und triefen sehr auf die Menschen. 1. Auf, mein Hertz, auch nun den Regen, Zu des weisen Schöpfers Ehr', Recht mit Andacht zu erwegen! Rühm' Ihn täglich mehr und mehr! Daß die reiche Schooß der Erde Nicht, versteint, unfruchtbar werde; Ziehn sich, aus der Erd' und See, Dünste stetig in die Höh'. 2. Die der Sonnen heitres Feuer, Wie ein Tuch, zusammen web't: Deren ausgespannter Schleyer In den dünnen Lüften schweb't: Die ihr Strahl, wie Berge, bildet, Sie versilbert und vergüldet, Daß sie oft die schön'ste Zier An des Firmaments Sapphir. 3. Erd' und Fluht träg't hier die Lüfte; Droben träg't die Luft die Fluht. Daß die Last der feuchten Düfte Auf so leichten Stützen ruht, Kann kein Menschen-Witz ergründen, Ja, recht als beleb't von Winden, Treibt der Wolcken fliegend Meer Grund- und Ufer-los daher. 4. Der verdickten Düfte Söhne, Der geschwoll'nen Wolcken Frucht Trieft mit rauchendem Getöne, Und vertreibt die heisse Sucht Der vor Durst geborst'nen Felder; Nährt die Wiesen, tränckt die Wälder; Schwängert den sonst dürren Sand, Und erfrischet Laub und Land. 5. Alles aber würd' ersaufen, Brechen und zu trümmern gehn, Wenn der Wolcken Fluht mit Haufen Von den ungeheuren Höhn, Als ein' allzuschwere Bürde, Unzertheilet fallen würde; Wenn ein dicker Wasser-Schwall Uns bedecket' überall. 6. Drum schaff't Gott, daß sich der Regen Durch die Luft nur tröpflend dreng't; Daß des Himmels feuchter Segen Jedes Gras und Kraut bespreng't. Diese Tropfen, wenn sie fallen, Hör't man gleichsam rauschend lallen: Nimm, o Mensch, in uns in Acht Gottes Lieb' und weise Macht! 7. Wann die aufgezog'nen Düfte Aus der Wolcken regem Zelt, Durch die ausgespannten Lüfte, Wieder sincken auf die Welt; Machen die verdickten Dünste Tausend kleine Wasser-Künste, Deren Rauschen, Spiel und Schertz Rührt durchs Aug' und Ohr das Hertz. 8. Wenn sie von der Bäume Wipfeln Tröpfelnd fallen in den Sand; Wenn sie von der Berge Gipfeln Rauschend stürtzen übers Land; Kann man mit Vergnügen sehen, Wie viel Wasser-Fäll' entstehen, Scheinen nicht Laub, Kraut und Stein Wasser-Werck' alsdann zu seyn? 9. Wenn sie sich in Tropfen theilen, Und mit ungehemmtem Fall Wieder nach den Wassern eilen, Wo sie, mit besonderm Schall, Klatschendem und sanftem Krachen, Tausend Wasser-Blasen machen; Spür't das Hertz in uns'rer Brust Eine nie gespür'te Lust. 10. Denn es wird die Lust beweget, Ausgefrischt und abgekühl't; Und die frische Luft erreget, Wenn der Mensch ihr Schmeicheln fühl't, Wenn die Theilchen um ihn fliegen, Ihm ein schaudrigtes Vergnügen, Und die Lust wird, wenn mans hör't, Durchs Getöse, noch vermehrt. 11. Wenn sich Luft und Boden netzet, So das alles klatscht und zischt; Wird das Hertz durchs Ohr ergetzet, Durchs Gefühl zugleich erfrischt, Und durch den Geruch gerühret, Wenns den Duft der Erde spüret: Ja es fehlet dem Gesicht' Auch an Lust, im Regen, nicht. 12. Auf des Wassers dunckler Fläche, Die der trübe Himmel schwärtzt, Quillen plötzlich kleine Bäche, Deren jeder sprudlend schertzt, Ja mit Murmeln schäumt und sauset, Voller Wirbel sanfte brauset; Und der Wasser-Blasen Pracht Zu beström'ten Inseln macht. 13. Die wir, wie Krystallne Hügel, Mit vergnüg'ten Augen sehn Auf der Fluth sonst glattem Spiegel Sich im Augenblick erhöhn, Und, voll Luft, als wenn sie leben, Sich bewegen, drehen, schweben, Bald zerplatzen, bald entstehn, Bald erscheinen, bald vergehn. 14. Mensch, erwege doch und mercke, Nebst des Schöpfer Lieb' und Gunst, Seine weise Wunder-Stärcke, Der, wie eine Wasser-Kunst, Die so schwere Fluth regieret, Sie bald auf- bald abwärts führet, Und dadurch die schöne Welt In der Fruchtbarkeit erhält.