[Komm heraus, komm heraus] [1] Komm heraus, komm heraus, o du schöne, schöne Braut, Deine guten Tage sind nun alle, alle aus, Dein Schleierlein weht so feucht und tränenschwer, O wie weinet die schöne Braut so sehr! Mußt die Mägdlein lassen stehn, Mußt nun zu den Frauen gehn. Ihr klugen Jungfraun zieht hinaus, Die Lampen sind geschmücket, Ans Herz den reinen Blumenstrauß Der Bräutigam nun drücket, Ihr Lilien gebt der Braut Geleit, Ihr tragt ein schönres Ehrenkleid, Ein hochzeitlicheres Geschmeid, Als Salomo in Herrlichkeit. Lege an, lege an heut auf kurze, kurze Zeit Deine Seidenröslein, dein reiches Brustgeschmeid, Dein Schleierlein weht so feucht und tränenschwer, O wie weinet die schöne Braut so sehr! Mußt die Zöpflein schließen ein Unterm goldnen Häubelein. Heb an du liebe Nachtigall Dein kunstreich Figurieren, Hilf uns mit deinem süßen Schall Das Brautlied musizieren, Das Lerchlein soll sein – »dir, dir, dir, Dir Gott sei Lob« auch für und für Erschwingen in dem höchsten Ton Bis auf zu Gott im Himmelsthron. Lache nicht, lache nicht, deine Gold- und Perlenschuh, Werden dich schon drücken, sind eng genug dazu, Dein Schleierlein weht so feucht und tränenschwer, O wie weinet die schöne Braut so sehr! Wenn die andern tanzen gehn, Mußt du bei der Wiege stehn. Du blauer Himmel spann' ein Zelt, Den Bräutigam zu grüßen, Ihr Blümlein webet übers Feld Den Teppich ihm zu Füßen, Ihr Lüftlein reget dann geschwind Die Glöcklein, daß sie duftend lind Tau-Perlen streuen auf der Au Ums arme Kind von Hennegau. Winke nur, winke nur, sind gar leichte, leichte Wink, Bis den Finger drücket der goldne Treuering. Dein Schleierlein weht so feucht und tränenschwer, O wie weinet die schöne Braut so sehr! Ringlein sehn heut lieblich aus, Morgen werden Fesseln draus. Wir Lilien aus dem Liliental, Wir kehren einstens wieder, Dann in ein Bettchen eng und schmal Sinkt müd dein Brautkleid nieder, Dann naht der Seelenbräutigam Das Lamm von königlichem Stamm, Und wer ihm nicht entgegengeht, Bleibt unerhört und unerhöht. Springe heut, springe heut deinen letzten, letzten Tanz, Welken erst die Rosen, stehn Dornen in dem Kranz, Dein Schleierlein weht so feucht und tränenschwer, O wie weinet die schöne Braut so sehr! Mußt die Blümlein lassen stehn, Mußt nun auf den Acker gehn. Führt sternenreine Engellein Die Braut auf guter Weide, Durch Lieb und Leid, bis klar und rein Der Geist im Lilienkleide Sich scheidet von dem Dornental Und mit uns singt beim Hochzeitsmahl: O Stern und Blume, Geist und Kleid Lieb, Leid und Zeit und Ewigkeit!