Wie man das Christkind beherbergen soll Zur Meisterin sprach einst die Schülerin: »Es ist Advent, Gott will sich uns bescheren Als Menschenkind, gieb Rat, ich sinn' und sinn', Weiß nicht, was tun, wollt' er bei mir einkehren. Bau ihm ein Haus! Ein Haus? ich armes Kind Bring kaum ein Nest zustand für meine Taube, Mein ganzes Werk blies um der erste Wind, Als neulich ich gebaut die Bohnenlaube. Ein ruhsam friedlich Herz sei dieses Haus Von Mißgunst, Haß und Neid halt du es rein All, was nicht Liebe ist, das fege aus, Nur wo der Friede wohnt, kehrt Jesus ein. Von äußern Dingen halt dies Haus fein still Zieh keine fremden Händel vor Gericht, Mag jeder tun und lassen, was er will, Sorg du um das allein, was deine Pflicht, Mit Gott und meinem Engel sei's versucht, Doch welcher Raum im Haus kann würdig sein Daß ihn des großen Gottes Sohn besucht? Bau ihm allein ein fein Schlafkämmerlein. Ein Kämmerlein? wie bring' ich das zustand? Käm' er zu mir, ich schmückte meine Zelle, Mit Blumen, stellte alles ihm zur Hand, Und harrte seiner Winke auf der Schwelle. Doch geht's wohl kaum, denn wird mein Herz sein Haus, Wird die Herzkammer auch wohl seine Kammer Da fürcht' ich nur, er hält's darin nicht aus, Wie soll er schlafen, immer pocht der Hammer. Schlafkammer soll die innigste Begier Nach deinem Gott in deinem Herzen sein Des Herzens innig Sehnen baut in dir Wie in Maria Jesu Kämmerlein. Aus diesem Kämmerlein zur höchsten Zierde Treib alles, was nicht Gottes ist, hinaus Nicht Erd' noch Himmel sättigt die Begierde Nur Gott allein füllt deine Sehnsucht aus. Mit Gott und meinem Engel sei's versucht An inniger Begier nach ihm fehlt's nicht, Ich fürchte nur, wenn er mich nicht besucht, Daß aus Begier das kranke Herz mir bricht. Was aber tu ich, daß in der Begier Die selbst nie ruht das Kindlein ruhend liege Es bebt das Haus und auch die Kammer schier, Wo find' dem Kind ich eine sanfte Wiege? Gehorsam, reines Gold, vor allen Dingen Fügsam zum Bau der Wiege sich gebührt, Die willig sich läßt hin und wider schwingen, Wie sie die Hand, wie sie der Fuß berührt. So soll dein Wille dem Gebot sich neigen Ohn' alle Ausred und Entschuldigung, Dann weint das Kindlein nicht, mit süßem Schweigen Ruht's sanft in deines Herzens Huldigung. Mit Gott und meinem Engel sei's versucht Die heil'ge Obedienz baut mir die Wiege Doch wer ist's, der mir Stroh zusammen sucht Damit das Kind nicht auf den Brettern liege. Demütigung, die aller Tugend Grund, Demut vor Gott und Menschen hingegeben, Macht auf dem eignen Feld dir einen Bund Von Stroh, so schwer, daß du ihn kaum kannst heben. Regt Hoffart sich, leg' ihr die Fragen vor Wie viele Tag' in Sünd' hab' ich vergeudet, Wie edle Zeit in Eitelm ich verlor Wieviel durch Ärgernis hab' ich verleitet? Hätt' Gott mit seiner Gnad' mich nicht gestützt, Gelegenheit der Sünde nicht genommen, Nicht sorgsamer als andre mich geschützt. Wie wär' ich dann der Todesschuld entkommen? Wie leb' ich jetzt, erfüll' ich das Gebot, Das Gott auf Stein und in mein Herz geschrieben, Forsch' ich auch redlich, was dem Christen Not, Und üb' ich's treu im Glauben, Hoffen, Lieben? Herr! nähmest deine Gnade du von mir, Ließ'st meinen Sinnen frei mich hingegeben O welche Schuldenlast erwüchs' mir hier Und welche Strafe in dem ew'gen Leben? Prüft dich, mein Kind, die liebe Demut so, Wirst du auf deinem Acker bald erkennen Wie wenig Weizen und wie vieles Stroh, Leg's in die Wiege, eh man's wird verbrennen. Weh Stroh und Stroh! wer doch vor Feurgefahr Sein bißchen Habe schon gesichert hätte, O heiliger Sankt Florian bewahr! Doch rat mir Meisterin nun auch zum Bette. Das Bettlein sei vollkommene Geduld; In äußerer und innerer Bedrängnis Bedenke deine überflüss'ge Schuld Und preise Gottes strafendes Verhängnis. Trag alles Leid ergeben und geduldig, Mehr wirst du leiden nie, als du verdienet, Mach du ein Bettlein draus dem Kind unschuldig Es kömmt vom Himmel, daß es dich versühnet. Mit Gott und meinem Engel sei's versucht Daß ein weich Bettchen komme in die Wiege; Doch wo? wenn's Kindlein nach dem Kissen sucht, Nehm' ich es her, daß sanft sein Häuptlein liege. Das Kissen wird die liebe Sanftmut sein, Niemand betrübe, ärgre, oder störe Zu allem sprich begütigend allein, Unmut'ger Laune niemals Raum gewähre. Zürn' nicht dem Hündlein, wenn's am Tische kratzt Und nicht dem Bettler, wenn er nicht transchierlich Zerlegt die Vöglein und beim Essen schmatzt, Ja was du reichst so zierlich, ißt beschmierlich. In Worten Werken und Geberden dein Herrsch' Friede, Stille, ruhiges Gewissen, Hüll' in Ehrwürdigkeit die Sanftmut ein Dann füllst dem Kindlein du ein sanftes Kissen. Mit Gott und meinem Engel sei's versucht, Wie aber soll das Leintuch ich bereiten, Das übers Bettlein ich nach Sitt' und Zucht Dem lieben Kindlein reinlich aus muß breiten. Das Leintuch ist ein Dasein keusch und rein, Das unter dem Gebet wird fein gesponnen, Und gleich gewebet unter mancher Pein, Dann ausgespannt beim Kreuze in der Sonnen. Und zwischen Lilien wird's bei Tag und Nacht Im Taue frommer Tränen weiß gebleichet Und vom Gewissen sorgsamlich bewacht, Bis es den Lilien an Farbe gleichet. Mit Gott und seinem Engel sei's versucht, Mit reinen Füßen zu dem Ziel zu wallen, Daß Cäsar sterbend sinkend noch mit Zucht Sein Kleid geordnet hat mir stäts gefallen. Ich spinne, webe, Gott geb' Sonnenschein Herr ich bitt' gar schön, wenn ich's Tuch ausstrecke, Daß ich's mit Tränen bleiche lilienrein. Doch breit' ich's über, fehlt mir noch die Decke. Die Decke sei auf die Barmherzigkeit Und Güte Gottes Hoffen und Vertrauen. Daß die bereute Schuld dir Gott verzeiht Die du bekennt hast, darauf mußt du bauen. Vertrau' auf den barmherz'gen Gott allein, Bringst du gleich Buß' und gutes Werk entgegen, Wird doch Barmherzigkeit dir nur verzeihn. Dem Hoffen, Glauben wird der Liebe Segen. Mit Gott und meinem Engel sei's versucht, Ich hoff' und glaub', wenn ich mit Liebe decke Gottes Barmherzigkeit, die mich besucht, Daß diese auch sich nach der Decke strecke. Du lehrtest mich, wie ehrsam und bequem Der Wiege Innres ich mit Bettwerk fülle, Lehr' mich vom Äußern auch, woher ich nehm' Das Wiegenband, den Bogen und die Hülle. Die heiße Lieb' zu deinem Gott und Herrn Wird dir ein Wiegenband gar köstlich weben Von diesem Band gewiegt wird Jesus gern Dem Herzen, das ihn sucht, entgegenschweben. Der hohe Fürst fühlt mit der Liebe Band, Sich in der Wiege gern von dir umschlungen, Das ihn um dich so eng am Kreuz umwand Bis ihm aus Lieb' sein heil'ges Herz zersprungen. Als Bogen richt' die gute Meinung auf Daß nur zu Gottes Lob und größrer Ehre Als seinem Ziel dein Tun und Lassen lauf' Und weder hier noch dort nach Lohn begehre. Des edlen Königs Augen ruhen gern Auf diesem Bogen, fest und gleich geründet, Denn von den Werken gilt vor Gott dem Herrn Die Meinung nur, auf die sie sind gegründet. Das Tuch, das schattend hüllt den Bogen ein, Bereitet dir ein fromm verstandnes Schweigen, Sprich nie, was nicht zu Gottes Ehr' allein Noch zu dem Heil des Nächsten kann gereichen. So um den hohen Gast durch Schweigen sei Ein friedlich schirmend Schlummerzelt geschlagen; Vergeblich Wort, unnütze Schwätzerei Zerreißt das Zelt, daß Licht und Fliegen plagen. Dann brauchest du auch frommer Mägde drei Bei Tag und Nacht des hohen Kinds zu pflegen, Ein Wink, ein Seufzer schon ruft sie herbei, Flink eilen seinen Wünschen sie entgegen. Jetzt, liebe Meisterin, gib mir Bescheid Wo ich drei solche fromme Mägde finde Du selbst ja klagtest früher allezeit Es sei jetzt solche Not um das Gesinde. Die erste Magd soll die Erinnrung sein Memoria ist stäts bei Tag und Nacht Wie sie das Haus des Königs halte rein Und auf sein Lob und seine Ehr' bedacht. In ihrem Garten wächst Vergißmeinnicht, Was sie bemerkt, verschiebt sie nicht auf morgen, Gleich bei der wohlgeschürten Lampe Licht Trägt sie's der zweiten Magd auf, zu besorgen. Prudentia, Vernunft, Vorsichtigkeit Heißt diese und ist Schaffnerin im Haus, Sie ordnet, schafft und teilt zu seiner Zeit Ein jed Geschäft dem dritten Mägdlein aus. Vom Maulbeerbaum nimmt sie ein Beispiel gut, Der bis zur warmen Zeit ohn' Blätter bleibet, Und auch vom Hirsch, der wiederkauend ruht, Bis ihn die Not zu schnellem Laufe treibet. Die Schaffnerin befiehlt der dritten Magd, Voluntas heißt sie, ist ganz guter Wille, Und führet, was Prudentia ihr sagt Flink und gehorsam aus in aller Stille. Ein kluges Hündlein mit gerecktem Ohr Blickt eifriger nicht auf des Meisters Winke Als zu Prudentia, Voluntas blickt empor, Und alles tut sie gleich, die treue, flinke. Sie wacht und bringt herzu und treibet auf Bewahrt, was da, und findet, was verloren, Sie dienet ruhend und in schnellem Lauf Und murret nicht auch noch so scharf geschoren. So wohl bedienet wird der hohe Gast In deinem Herzen wie im Himmel wohnen Und wie jungfräulich du geliebt ihn hast Dich wie ein König seine Braut belohnen. Gott in der Höhe sei nun Lob und Preis Und auf der Erde allen Menschen Friede Die guten Willens sind, das singe leis Dem lieben Kinde du als Wiegenliede. Mit Gott und meinem Engel sei's versucht Und wird das Ganze auch nicht würdig sein, Daß mich das liebe Himmelskind besucht, Bitt' ich Sankt Joseph um sein Eselein.