Die Entführung aus dem Serail Oper von Mozart Gibt es ein übersinnliches Land, wo man in Tönen spricht – die Meister der Kunst führen euch hinauf, indem sie euch erheben: nur Mozart allein zeigt uns den Himmel, zu dem andere emportragen müssen, in unserer irdischen Brust. Das ist's, was ihn nicht allein zum Größten macht aller Tondichter, sondern zum einzigen unter ihnen. Um Mozartscher Musik froh zu werden, bedarf es keiner Erhebung, keiner Spannung des Gemüts; sie strahlt jedem, wie ein Spiegel, seine eigene und gegenwärtige Empfindung zurück, nur mit edleren Zügen; es erkennt jeder in ihr die Poesie seines Daseins. Sie ist so erhaben und doch so herablassend, so stolz und doch jedem zugänglich, so tiefsinnig und verständlich zugleich, ehrwürdig und kindlich, stark und milde, in ihrer Bewegung so ruhig und in ihrer Ruhe so lebensvoll. Musik, wenn sie als heimatliche Sprache der Liebe und Religion sich austönt, wird so himmlisch als bei Mozart bei keinem vernommen. Aber bewunderungswürdiger als in jener Höhe, wo das Wort schon im Sinne seine Verherrlichung findet, ist Mozart in der Tiefe, wo er, das gemeine Treiben adelnd, die Poesie der Prosa, den Farbenschmelz des Schmutzes und den Wohlklang des Gepolters kundmacht. Die Singstücke der Konstanze, der Donna Anna und das furchtbare Auftreten des steinernen Gastes sind vielleicht minder unnachahmlich als Osmins Gesänge. So ein meisterhafter Geselle, so ein verklärter Brummbär und hündischer Frauenwächter, wie er ergrimmt sich an dem verriegelten Gitter abmartert, durch welches er täglich den Honig sieht, den er nicht ablecken darf, so ein erboster Kerl, der alle Welt haßt, weil er nicht lieben kann, wird so bald nicht wieder in Musik gesetzt.