Satyrische, scherzhafte und erotische Gedichte Lob- und Ehrengedicht für die sämmtlichen neuen schreibseligen Wiener Autoren – – – – Ridiculum acri Fortius et melius magnas plerumque secat res. Horatius. In einer Stadt, es ist ein närrisch Ding, Wo man, um sich zu distinquiren Zuweilen lieber auf allen Vieren, Oder wohl gar aus den Köpfen ging: (Wovon zwar das Letzte zu dieser Frist Wohl anging, weil um manche Wade Die derb und voll ist weit mehr Schade, Als um die hohlen Köpfchen ist;) In dieser Stadt wird nun viel gelesen, Noch mehr geschrieben von all' dem Wesen Der olim geehrten Pfaffheit; anbei Von Stubenmädchen und ihren Röcken, Von Handlung, Finanz und Polizey, Von Kaufmannsdienern und ihren Säcken, Von Fräulein, Frauen und ihren Gecken, Von Schneidern, Pensionen und Leichen, Von Dienern, die ihren Herren gleichen, Von Thieren mit langen und kurzen Ohren, Von Advokaten und Professoren, Von Brüderschaften und Rosenkränzen, Von Fahnen, die zu viel flimmern und glänzen, Von Bäckern, Kaufleuten, Mäcklern und Juden, Von Ablaßkrämern und ihren Buden, Von Lukaszetteln und Kardinalen, Von Jesuiten und ihren Kabalen, Von Fast und Pochlin und Erzthurmknöpfen, Von Mönchen und ihren hohlen Köpfen, Von Papsten und seinen schönen Füssen, Von Damen, die gern den Pantoffel küssen, Und weiß der Himmel wovon noch! – Kurzum Da ist kein Pudendum, noch Scandalum, Das nicht ein rüstiger Federheld Sammt seiner Person auf den Pranger stellt. Das macht, die allzeitfertigen Herr'n Die möchten nun einmal auch gar zu gern Erfahren, wie der gaffenden Welt Ein Kindlein aus ihren Händen gefällt, D'rum drehen sie ihre Püppchen geschwinder, dann Der fertigste Töpfer eins drehen kann, Und drücken: damit man den Vater nicht Verkenn', ihm die Finger in's Angesicht, Und stellen's zur Schau. – Da läuft und gafft, Was Augen und Füsse hat, spottet und klafft, Schilt, tadelt und lobt, klatscht, pfeifet und schmäht, Läßt eine Stunde sich narren – und geht. Das Autorlein aber schlägt, mit dem Lohn Im Sacke, sein Schnippchen – und schleicht davon. Hieraus erwächst nun von selbst ein gar Erbaulich Problemchen, das lautet: Wer war Von beiden Seiten der größte Narr? – Wag es ja keiner zu resolviren, Er möchte sein bischen Verstand risciren. Doch ihr, schreibseligen Knaben, Laßt euch nicht stören in eu'rer Ruh, Schont eu'rer Hände nicht, schreibet! Ihr werdet hier immer Leser haben. Ihr habt ja ein englisches Publikum, Es läßt sich prellen, und lobt euch d'rum, Denkt euch, ihr lebet in jenem Land, Wo man einst Diebe und Beutelschneider Des Witzes wegen noch lobenswerth fand; Zwar ist das Publikum leider Bei uns nicht mehr im Gange, dafür Erlaubt euch das Recht jetzt, jedem Herren, Der's selbst so will, die Ficken zu leeren; Und will er Ersatz, so gebt ihm dafür Den eisernen Rechtsspruch: Volenti non fit Injuria, und er wird sich damit In utroque Foro bescheiden lassen. Doch muß man leben und leben lassen, Und christlich thu'n! – nicht wahr, ihr Herr'n, So gold'ne Sprüchelchen hört ihr gern? Nun gut! so legt denn eine Weile Die Federn weg, und hört mir in Ruh, Als eurem handfesten Lobredner zu. Man weiß, seit jener Ehrensäule Der Lais, daß auch von Metzen der Staat Gar manchen beträchtlichen Vortheil hat. Die Sach' ist erweislich; zum Beispiel, so fließt Der goldene Regen, der oft in Strömen Aus Männerhanden in ihren Schoos sich ergießt, Viel sicherer wieder in kleineren Strömen In die Kanäle des Staates zurück, Als wenn er sich inner den heiligen Dämmen Der Klöster sammelt, und unberührt, Zum stehenden, faulen Sumpfe wird. Für's zweite schützt so ein Venusmädchen Die Tugend junger, ehrlicher Mädchen Gar sehr, indem sie – selbst längst verführt – Der bösen Männerlust Ableiter wird. Zum dritten füllt so ein Mädchen den Beutel Der Aerzte, und lehrt die liebe Jugend gar früh Mit Salomon rufen: O wie Ist unter'm Monde doch alles so eitel! Nach dieser tüchtigen Apologie Der Mädchen, die sonst für ihre Sünden So selten einen Lobredner finden, Soll's, dächt' ich, nun eben kein Hexenwerk sein, Für euch auch, ihr Herrn Autorlein, Die panegyrische Trommel zu rühren, Und eu'rer Sache das Wort zu führen. D'rum hör', o Wien, mit beiden Ohren, Der zahlreiche Orden deiner Autoren Ist, seit man Gäns' und Papiermühlen hat, Der nützlichste, wichtigste Zweig im Staat. Denn sind die Herr'n Lumpenfärber Nur recht gewandte Papierverderber, So fördert ja ihr Handwerk gar sehr Den Absatz der Lumpen. Und wer kann mehr Und besser Papier verderben als sie; – Ist wer, der mir nicht glaubet der gehe. Und kaufe die Lumpen, und lese sie! – Nun komme mir erst einer, und schmähe, Und sage, diese Herren sei'n Wie Hummeln im Staate, – den will ich hinein In alle unsere Buchläden führen, Ihm da ihre Werke produciren, Und hat er nun sich glaubend geseh'n, Dann soll der Verläumder mir eingesteh'n: Daß so ein Autor mit zweien Händen Dem Staate dreimal mehr Kinder verschafft, Als die gesammte Bürgerschaft Mit ihren hochgesegneten Lenden. Und ist das noch nicht genug, so sagt, wer erhält Die Pressen in Athem, wer treibt sie geschwinder, Als so ein rüstiger Federheld? Was wären Buchhändler, Drucker und Binder Ohn' ihn? – Und ach, die unbarmherzigen Verleger, die sonst, wie Kanibalen, Vom Autorgehirne sich mästeten, Die lassen sich's nun mit Weib und Kindern gefallen, Und lernen endlich erkennen, daß man Von Menschenhandarbeit auch leben kann. Wer lehrte sie das? Wer entwöhnte sie Vom Menschengehirne? – Wer anders, als die, Die, satt des Greuels, menschlicher dachten, Und statt des Gehirns ihnen Handarbeit brachten? Seyd stolz, ihr Herr'n, die ihr das gethan! Ihr werdet unvergeßlich bleiben, Die Menschheit wird euch obenan In ihre geheiligten Jahrbücher schreiben: Auch denken bereits an euern Lohn Die Ephemeriden der Menschheit schon. Und dann erst der Nutzen, den eu're Schriften In der gesammten Wienerwelt stiften! Durch euch kommt Licht in's Volk; denn was ihr schreibt, Dringt bis in die Käs'- und Gewürzkrämmerbuden: Die Magd, die sonst nur Kaffeebohnen reibt, Schwätzt nun von Reformen der Christen und Juden, Und weiß auf ein Haar, was jeder Zweig im Staat Für Beulen und Anomalien hat. Nur ihr versteht die Kunst, nur ihr, Den niedrigsten Pöbel aufzuklären, Ohn' daß er es merkt; dann würdet ihr, Wie sonst geschah, ihn geradezu lehren, Dumm, wie er ist, und in seine Dummheit verliebt, Er würde, erboßt, gegen eu're Broschüren sich wehren; Allein, ihr wißt, wie man den Kindern Arzneyen gibt, Und laßt eure Blätter, eins nach dem andern, Als Pfefferdüten, als Zuckerpapier Ganz heimlich in seine Taschen wandern. In Schenken und Bierhäusern waltet ihr: Denn sitzet oft ein Zirkel von Schneidern, Nichts Böses ahnend, bei Wein und Bier, Und schwätzt von Kriegsaffairen und Kleidern, Hui kömm't, eh' sich's der Zirkel versieht, Ein Stückchen Holländerkäs', und mit Ein Blättchen von euch: man guckt und spitzt das Ohr Und kann nur einer aus ihnen buchstabiren, So nimmt er's, und liest's seinen Trinkbrüdern vor. So lernt der Pöbel raisonniren, Und das durch euch: macht ein satyrisch Gesicht Zu allem, was er sieht: nennt seine Landsleut' Affen, Den Papst Tyrann, und seine Geistlichen – Pfaffen. O fehlten mir doch die centum Ora nicht, Aus denen sonst die Panegyriker blasen, Ich bliese, traun, in ellenlangen Phrasen Der Nachwelt euer Lob in's Angesicht. Und dir, o Wien, will ich mit einem Wunsche fröhnen, Der soll dein Glück, verkennst du es nur nicht, Das seiner Vollendung schon nah ist, krönen. Es mehre sich in dir mit jedem Tag Der edle, nützliche Schriftstellerorden: Es schreibe, was nur schreiben mag! Der Metzger höre auf vom Morden Des armen Vieh's, und nehme die Feder zur Hand; Der Schuster stecke die Ahl' an die Wand, Und schreibe Theorien von Schuhen; Der Schneider laß' Scheer' und Nadel ruhen, Und schreibe von Moden ein Lehrgedicht: Kein Müller mahl', kein Zimmermann hoble nicht, Der hoble die Welt, und jener mahle Die Wahrheit zu Staub, und streu' mit satyrischer Galle Vermischt, sie den Lesern in's Angesicht; Der Töpfer modle am Recht; der Schmiede erhebe den Hammer Der Kritik über Theologie; Der Schreiner meublire Zimmer und Kammer Mit schön geglätteter Philosophie; Der Staubgewohnte Perückenmacher kämme Die Religion, der Weber webe Systeme: Und so nach allen Zünften und Ständen Thu jeder mit seinen fertigen Händen, Was Autorpflicht ist! Und das, o Wien, Wird, glaub's dem Propheten, aller Zeiten Und Völker Augen auf dich zieh'n, Und deinen Ruhm bis über die Sterne verbreiten.