Metamorphosen Winterkrank war meine Seele, Und sie kroch wie eine faule Kröte Zwischen kalten Steinen. An den leeren Stunden klebte sie Wie eine müde Fliege am angelaufenen, Undurchsichtigen Fensterglas. Sonst war meine Seele ein Schmetterling, Ein leichter, feiner, blütenverliebter Schmetterling, Der sich im Sonnenscheine von weichen Winden Gerne tragen ließ, wie ein Blumenblatt; Und er steckte sein Saugrüsselchen gerne in alle Süßigkeit, Und er berauschte sich gerne am Tausendblumengeist, Und im offenen, samenstaubduftigen Schoße üppiger, Buttergelber Rosen schlief er gerne, Der sorgenlose, leichtsinnige, Frei schwebende Schmetterling meiner Seele. Weißt du noch, meine Seele, wie du zum letztenmale Schmetterling warst? Das war ein heller, herber Tag, Hell wie ein braunes Mädchenauge, In dem der Spott lacht: »Liebe, – was ist denn das?« Solch ein Tag wars: Herbstbeginn. Da flogst du, meine leichtgläubige Seele, Durch die kalte Helligkeit und suchtest Blüten; Aber fallende Raschelblätter, Niederzitternd in zagender Schwäche, Störten deinen Flug, und du wurdest verzagt Und frorst in dieser leeren Helle. Da wurdest du ein kriechendes Thier, meine Seele, Und du hast dich verkrochen vor dem lieblosen Winter Und dumpf geschlafen. Ohne Seele, Ohne Liebe, Ohne Rausch und Taumel ging ich Durch diesen Winter, ein verdrossener Krüppel, Und sah ich die Sonne, so fragte mein Auge: »Was soll diese blinde, angelaufene Scheibe?« Ein einziges, großes Elend war mir dieser Winter. Da, mitten in der Nacht, Gestern, Wachte meine Seele auf, und ich fühlte es hell: Sie hob Flügel wieder, meine Seele, Und sie ist wieder Schmetterling. Und ich weiß: Zwei blaue, leuchtende Blumen Sucht sie, und nie noch kostete sie solche Süßigkeit, wie in diesen beiden Blauen Blumen ist.