Erzählung Ein Mädchen besaß ich, fein wie ein Figürchen Auf Rokokotischen galanter Marquisen; Es war wohl auch wirklich verwandt mit diesen: Halb war es ein Nobelchen, halb ein Hürchen. Ich fand sie entzückend mit ihrem Geschwänzel, Getrippel, Geäugel, Gelächel, Geplapper. Ich war so ein junger mutwilliger Tapper, Mein Gehen war auch noch Gehüpf und Getänzel. Auch war ich ein Träumer und Wolkenbeschauer; Ich sah um die Dinge noch goldene Ränder. Der Mond war mein Krongut; in meinem Kalender Hatte der Frühling zwölf Monate Dauer. So waren wir also ein passendes Pärchen. Sie tanzte, ich dichtete, Gott blies die Flöte Und freute sich selber der purpurnen Röte Des Himmels, in dem wir das munterste Märchen Und aller Romane verliebtesten lebten: Von Träumen getragen, von Liedern belogen, In goldener Nußschale schwimmend auf Wogen Und Wolken, die rosig ins Nichts verschwebten. ... Ins Nichts verschwebten; verrannen; vergingen; Zerflossen, zerrissen, – ins Nichts, in die Leere ... Uns aber erfaßte die irdische Schwere Und zerrte uns nieder mit würgenden Schlingen. Da half uns kein Gott. Es verstummte die Flöte Des Märchenpapas und Idyllenrhapsoden. Wir fielen auf dornigen, steinigen Boden, Und zwischen uns saß eine zankende Kröte: Die kahle Enttäuschung. Es lehrte ihr Zanken Unlieblich uns beide einander erkennen. Es war wie ein Aneinanderverbrennen Bis tief auf den grundallerletzten Gedanken An jenes Schmarotzen im Märchengelände. – Wir haben die Hand uns zum Abschied gegeben Wie Fremde. Nie sah ich sie wieder im Leben. Und kännte sie nicht, auch wenn ich sie fände.