7. (In der Provence, November 1900.) Hier ritten einst die tapfern Troubadours Mit Schwert und Laute ihrer Liebe nach; Hier glühte einst das Glück der großen Kunst, Die wie die Sonne der Provence schien: Ein goldnes Siegeszeichen, ein Juwel, Der schönsten Tage schönster Schmuck. Es sprang Das Lied gleich einem schönen Pagen froh Den Frauen in den Schooß. Doch manchmal wars Wie Mistralwind und fegte durch das Land Und trieb die Wolken und zertrümmerte, Was alt und morsch war. Sieg und Segen trug Des Verses Flügel, der schön glänzende, Durch diese Lüfte voller Blumenduft, Und Liebe lächelte dem Liede zu. In diesen Liedern war kein müder Ton, Und auch die Traurigkeit war stolz und stark, Denn adelig war noch die Kunst des Lieds, Und wer zu schönen Frauen sich vermaß Die Stimme zu erheben und das Herz, Der wußte, was sich ziemt. So wußt er auch, Daß nicht für Alles Worte ziemlich sind Und Schweigen eine edle Kunst der Herzen ist, Die eher brechen, als schamlos den Gram Der Schwäche zeigen. – Ach, wir reden viel Von neuen Tönen und von neuer Kunst, Und unsre Herzen sind so jämmerlich, Daß uns die Knechte jener Troubadours Verachten würden, sähen sie, wie wir Schamlos entblößen, was so ekel ist: Das Trübe, Dumpfe, Schwache, all die Qual Des machtlos ungebändigten, den Satz Der Seele voller Krampf und Mißbegier. Wir wollen fürder nicht so üppig sein In großen Worten und Versprechungen Von neuen Weisen einer neuen Kunst. Wir wollen wieder schweigen lernen, und die Zucht, Die Adelsmeisterin, angehn, daß sie Wachsam und strenge bei uns sei, wenn wir Uns unterfangen, klangvoll Wort an Wort Zum Vers zu fügen. Ehrfurcht halte uns Im schönen Maße, und die edle Scham, Des Künstlers Tugend, walte über uns!