Leier und Rad Da es nun wieder Frühling geworden ist, Ziemts dem Poeten, die werte Leier, Die, gelehnt an das ungeölte Zweirad, gänzlich verstaubt hinter dem Kleiderschrank Lange mit Mißmut ruhte, hervorzuziehn. Wahrlich! (so ruft er und schlägt mit Macht, Pingtütüping, in die schnarrenden Saiten) Wahrlich! Diesmal verlohnt es sich, Frühlingslieder zu rupfen voll Inbrunst. Siehe, es schlagen nicht bloß die Bäume aus, Sondern auch Russen sowohl wie Japaner, und Möglichenfalls, ehe es Sommer wird, Gibts auch auf dem biederen Balkan Die mit Recht so beliebte Metzelsuppe. Ja, die Welt wird schöner mit jedem Tag! Einige Primeln schon fand ich an Waldes Rand, Und die Amsel mit gelbem Schnabel singt Angenehm im Birnbaumzweigicht. Frischer Schnittlauch, siehe, spitzt auch hervor, Und mir ahnt es, über ein kleines, bald, Bald entzupf ich dem lockeren Erdreich Schamhaft errötende Frühradieschen, Bis dann endlich der dreimal gepriesene Tag des andachtsvollen, ersten Spargelstechens ambrosisch herannaht. Wird, bis dies sich begibt, die Knute Oder der Bambusprügel den Sieg Im mandschurischen Schnee gewonnen haben? Diese Frage (das merkt jeder Erfahrene) Ist rhetorisch gemeint, und niemand Wartet auf Antwort darauf. – Der Dichter Stellt das Leiergestell behutsam Wieder hinter den Kleiderschrank. Aber mit prüfendem Ohre schiebt er (Weh, wie wimmerts und pfeifts in den Lagern!) Langsam das Zweirad hervor und läßt ihm Kundigen Sinns am entsprechenden Orte Sanft einschlüpfenden Öls genug In die vertrockneten Lager träufeln. Dies getan, ergreift er mit hurtiger Hand die zum Lenken bestimmte Stange, Setzt mit Mut und Anstand die linke Sohle auf den gekerbten Stift am Hinterrade und hupft mit dem rechten Beine gewaltig ein-, zwei-, dreimal, Bis er, gelobt sei der Geist der Balance, Sicheren Schwunges sich hebt in den Sattel Und mit dem Rhythmus, der Dichtern eigen, Ruhig hinauspedalt in die Landschaft.