760. Der böse Wunsch Einstmals reiste Landgraf Philipp, wie er gern tat, ohne sonderliches Gefolge durch sein Land, trug dabei auch schlechte Kleider und offenbarte seinen Stand keinem, der ihn nicht kannte. Da begegnete er einer Bauersfrau, die trug ein Gebund Garn, und er fragte sie, wohin sie denn wolle. Da fing das Weib an, jämmerlich zu klagen und zu lamenten; sie wolle und müsse das Garn verkaufen, obschon sie es selber an zehn Enden entraten müsse, um nur die hohe Schatzung und Steuer zu entrichten, die der Landgraf habe ausschreiben lassen, und es sei eine schlimme Zeit und ein schmählicher Druck. Darauf fragte Philippus das Weib, wie hoch denn die Steuer sich belaufe, die sie zu entrichten habe, und sie antwortete: Einen Ortsgulden. – Da griff der Landgraf in seinen Säckel und gab ihr einen ganzen Ortstaler; darüber ward das arme Weiblein vor Freude rot wie ein Brand, sie sah aber nicht, daß auf dem Taler Philippi Bildnis geprägt stand im vollen Stahlharnisch und auf der Rückseite sein Helm mit der Zier und der schöne Spruch: Was Gott beschert, bleibt ungewehrt – und rief: Lohn's Gott! lohn's Gott, edler Junker! Daß doch dieses Euer Geld dem Landgrafen, in dessen Schatz ich's liefern muß, auf der Seele brenne wie das höllische Feuer. – Neunerlei Dinge (Ludwig Bechstein: Deutsches Sagebuch) Da wandte sich der Landgraf lachend um und sprach zu seinen Begleitern: Hörtet ihr's wohl? Das ist ein wunderlicher Handel, wann einer wie alleweile ich für sein eigenes Geld sich solchen bösen Wunsch einkauft! – Nun – was Gott beschert, bleibt ungewehrt! –