Lied des Verfolgten im Thurm Nach Schweizerliedern. Die Gedanken sind frey, Wer kann sie errathen; Sie rauschen vorbei Wie nächtliche Schatten. Kein Mensch kann sie wissen, Kein Jäger sie schiessen; Es bleibet dabey, Die Gedanken sind frey. Im Sommer ist gut lustig seyn, Auf hohen wilden Heiden, Dort findet man grün Plätzelein, Mein Herzverliebtes Schätzelein, Von dir mag ich nicht scheiden. Und sperrt man mich ein Im finstern Kerker, Dies alles sind nur Vergebliche Werke; Denn meine Gedanken Zerreissen die Schranken, Und Mauern inzwey, Die Gedanken sind frey. Im Sommer ist gut lustig seyn, Auf hohen wilden Bergen; Man ist da ewig ganz allein, Man hört da gar kein Kindergeschrey, Die Luft mag einem da werden. So sey es wie es will, Und wenn es sich schicket, Nur alles in der Still; Und was mich erquicket, Mein Wunsch und Begehren Niemand kanns mir wehren; Es bleibet dabey, Die Gedanken sind frey. Mein Schatz du singst so fröhlich hier, Wies Vögelein in dem Grase; Ich steh so traurig bey Kerkerthür, Wär ich doch todt, wär ich bey dir, Ach muß ich denn immer klagen. Und weil du so klagst, Der Lieb ich entsage, Und ist es gewagt, So kann mich nicht plagen, So kann ich im Herzen Stets lachen, bald scherzen; Es bleibet dabey, Die Gedanken sind frey.