Nachtfeier Hohe Häuser, ach ihr seid zu eng den Schmerzen, Lieget Nachts wie Felsen auf dem Herzen, Das dem Himmel möchte seine Leiden klagen. Allen Lüften möcht' ich meinen Jammer sagen, Denn die Lüfte rastlos wehen, Da die Stunden stille stehen, Da kein heller Stundenschlag Mir verkündet nahen Tag. Langsam ziehn die schwarzen Stunden, Einsam schweigend weint das Herz, Bis es Herzen hat gefunden, Die erfüllt von gleichem Schmerz. Seufzer haben uns verbunden, Liebe wird nun Klageton, Daß die Herrlichste verschwunden Von dem hohen Herrscherthron. Du, die lächelnd uns beglücket In des Lebens Fröhlichkeit, Du, zu der wir aufgeblicket In der ernsten, bösen Zeit; Ach, wohin bist Du entrücket, Nun der Friede uns erfreut, Nun das Feld, mit Glanz geschmücket, Grüßt die goldne Erndtezeit. Goldner Strom der vollen Ähren, Wogend wallend, Lerchenschallend In dem Wind, Du wirst auch nicht lange währen, Denn geschwind Stürzen Schlossen im Gewitter, Oder ziehen ein die Schnitter; O Sichelschall, du heller Klang, Du machst die trauernde Seele so bang. Des Todes Sichel schnitt die schönste Blume Und reichte sie in Gottes Hand, Er pflanzt sie in ein bessres Land, Da blühet sie in ew'gem Ruhme. Sie ist von uns hinweggenommen, Sie war für diese Welt zu schön! Ich muß zu fernen Sternen sehn, Sonst wird mein Herz von Gram beklommen. Zu uns alle Sterne scheinen Wie ihrer Augen Licht; Mit uns alle Sterne weinen Den kühlen Thau der Nacht; Mit uns alle Winde stöhnen So ruhlos durch die Nacht; Mit uns alle Echo tönen, Das Herz in Klagen bricht. Du trauerst treues Volk, Das Sie geliebt, Um dich hat sie so oft getrauert, Als dich die Übermacht umlagert. Ich sah die Thränen fließen, Als Sie an unserm Meeresstrande weilte, Mit mildem Blick die wilden Wogen zwang, Daß sie sich demuthsvoll zu ihren Füßen legten; Ich kam von Preußens meerbestürmter Küste, Und wollte Ihr des Bernsteins goldne Perlen bringen, Die dort das Meer auf ihrer Tritte Spur, Auf die verlassnen Wege, Die einst von Ihr betreten grünten, An jedem Morgen reichlich streut. Jetzt fühle ich, Da meine Thränen an den Perlen glänzen, Der alten Fabelsage innre Wahrheit, Daß jene Perlen Thränen sind der Meeresgeister, Die ahnend großes Unheil uns verkünden. Du sahst Sie nur in Unglücksjahren Und fühlest doch, was du verloren, Wie soll ich meinen Schmerz ermessen, Ich sah zu Ihr empor in so viel schönen Tagen, Und jeder Tag vermisset Sie mit anderm Schmerz. Wie die Gedanken mich an tausend Gnadenblicke mahnen! Als Kind ging ich mit buntem Fähnlein Ihr entgegen, Wo ich Ihr hoffte zu begegnen; Ich wuchs empor, von Ihr zwar ungekannt, Doch unter ihren Augen, Und feierte als Bürger unter Waffen Die letzte frohe Wiederkehr der Hochverehrten: Wie weile ich so gern in jenen Tagen! – Ich denke ihrer Güte, ihrer Milde Und ihrer Schönheit Wunderpracht, Ich denk' des hohen Tags vor allen, Wo Sie in erster Jugendzeit, Von dieser Stadt so froh empfangen, Durch die geschmückten Pforten zog; Wie Sie zuerst uns angeblicket Und jedem Gruße hold gedankt, Ich glaubte da, ich finge an zu leben Und dieses Leben wäre Ewigkeit. Ich denk' der Feier jener schönen Tage, Die Sie dem Gatten zugeführt, – So kam der erste Frühling auf die Erde, Der Ärmste war in ihrem Glücke reich. Ich denk' der feierlichen Huldigungen, Die Sie als Königin von uns empfing, Auf ihrer Stirne schien die Krone glänzend, Und doch verschwand sie in dem Segensblick! – Ich denk' der Freud', als viele Kinder Den Thron mit Hoffnung grün geschmückt, Und rings im Kreise Sie umstanden, Wie einer Sonne Sternenkranz. Schöne Tage, ach, wohin entschwunden, Schmerzlich brechen auf die alten Wunden, Die der wilde Krieg uns dann geschlagen. Wenig Tage hatten uns vernichtet, Ferne war Sie uns in diesen Tagen, Doch die Hoffnung war zu Ihr geflüchtet, Und es stärkte uns ihr Angedenken; Und der Friede mußte Sie uns wiederschenken. Gedenk' wie du mit Freudeschauern Nach schwerer Winter Dunkelheit, Im ersten hellen Sonnenstrahle Sie, bei der Nückkehr frohem Fest, Weit vor den Thoren schon begrüßt; Und fandest Sie so gnadenreich, So mild, so gütig und so schön, Wie in den ersten Jugendtagen, Als Sie zuerst uns zugeführt; Es war die harte Zeit vergessen, Als wär' das Unglück nur ein Traum. Es schien ein Traum die dunkle Schlacht, Die unsrer Brüder Blut vergossen, Des blauen Himmels Freudenmacht Ließ erste Frühlingsblumen sprossen. O wär' ein Traum die dunkle Nacht, Die ihrer Leiche Einzug heut beschlossen; O wären wir vom Traum erwacht, Wie viele Thränen sind dem Traum geflossen. Es war kein Traum die blut'ge Schlacht, Es war kein Traum der Hohen Wiederkehr als Friedenszeichen, Es war kein Traum, der schwarze Trauerzug; Die Wahrheit läßt uns keinen Schlaf, Wir schwanken all' im ungewissen Leben. Vor wenig Monden kam Sie segnend In jenem hochgeschmückten Wagen, Den Sie von ihrem Volke gnädig angenommen, Der heute ihrer Leiche leer gefolgt. Der Schmerz riß mich bei diesem Anblick nieder. Ich höre noch der Glocke Ton, Der durch die Abendröthe traurig Sie begrüßte. Sie hörte nicht den lauten Klang, Sie hörte nicht der Sänger klagend Lied, Sie hörte nicht den dumpfen Trauermarsch der Krieger, Sie lag vom engen Sarg umschlossen. Es glänzte über Ihr der Linden grünes Laub, Sie sah es nicht. Ein schwarzer Teppich hatte Sie mit Nacht bedeckt, Sie sah uns nicht. Auch uns hat jetzt die schwarze Nacht umschlossen; Wir wandeln schlaflos durch die dunklen Straßen. Ach alles ist vorüber! Wie furchtbar ist die Stille! Ich hör' mein Herz, Das heftig leidend schlägt; Ach hörte Sie uns noch, Sie würde milden Trost vom Himmel strahlen! Wo strahlt ein Trost der Seele, Da alle Sterne sich verhüllen, Des Himmels schwarze Höhle Will sich mit Wolken ganz erfüllen. Vergebens schauen wir empor; Der ist ein Thor, Der ihn mitleidig unsrer Trauer wähnt, Als jedes Aug' gethränt, Da lachte er in heitrer Bläue, Nun jedes Auge zu ihm blickt, Ist jeder Stern erstickt. Er hat Sie uns geraubt, Wir haben, ach umsonst! an ihn geglaubt. Er hat Sie gegeben, Er hat Sie genommen, Der Name des Herren sei gelobt. Sie war des Ew'gen schönstes Lob, An ihrer Andacht Hat sich entzündet ihres Volkes Glaube; Ach hatten wir noch nicht genug verloren; Ach Vater, hast du uns so ganz verlassen! Zu ihrem Vater ist Sie heimgegangen, Er hat zu sich sein liebstes Kind gefordert, Und Sie war folgsam seinem ew'gen Willen. Zu ihrem Vater ist Sie heimgegangen Nach langer Jahre Trennungszeit, Von keiner Reise so erfreut, Bei keiner je mit solcher Lust empfangen, Des Vaters Freude war das höchste Fest. Zu ihrer Ehrenpforte buntem Kreise Die fernste Blume sich verband. Der Blume aus dem eignen Land, So finden sich vereint durch ihre Reise Des Hauses viele, die sonst weit zerstreut. Sie überläßt sich froh den heitern Scherzen Im fremden luft'gen Lebensmeer, Doch bald wird ihr der Athem schwer, Es dringt die fremde Luft zu ihrem Herzen, Da wird ihr Blick von schwerer Krankheit ernst. Sie sieht zum letztenmal die Abendsonne. Sie geht, die Blume hell und groß, Durch Blumenpforten in das Schloß Und weilet noch mit letzter Strahlenwonne, Die Blumen sehen ihr so sehnlich nach. Weh', wie meine Seele bebt, Zwischen Furcht und Hoffnung lebt. Stille löschet aus die Feste, Löset alle Freudenkränze, Stumme Blicke Sie bewachen, Hoffnung geben Ihr die Freunde, Doch die Meister in der Heilkunst zagen, Und die Thränen heimlich fließen, Und Gebete zu dem Himmel dringen! – Boten eilen zu dem fernen König, Doch der Ahndung bleicher Geist, Der in alten Schlössern hauset, Zeigt sich früher und verkündet, Daß Sie uns verloren sei. Geister, die ihr uns umwacht In der Mitternacht, Könnt ihr nur die Müden wecken, Sie zu schrecken, Könnt ihr nicht die Leiden mindern, Schmerzen lindern? Stille ist die Mitternacht, Wenn das Schmerzliche vollbracht. Den letzten Lebensblick gewährt das Schicksal noch dem Gatten, Er kommt zum Schloß noch vor der Schreckensstunde, Und eine Klarheit herrscht in ihrer Seele Wie in dem Aufgang eines neuen Morgenroths, Durch das die Sterne schimmern, Und ihre Stimme grüßt ihn hell mit letzter Liebe. Ihr Hauch ist letzter Segen ihrem Sohne, Der einst den hohen Thron besteigt. Dann ruft ihr Schmerz zu dem Erlöser aus: Erlöse, Jesus, mich vom Leiden, Dir übergeb' ich meinen Geist. Er giebt Kraft den Seinen, Laßt uns weinen. Sie ruhet still, die Farbe kehrt zurück In Ihres Lebens höherer Genesung, Und viele zweifeln, ob Sie sei geschieden, Doch ach, ihr Herz ist still. Und ihre Kinder legen sich die kalten Hände Noch segnend auf die Stirnen, Und streuen Rosen auf ihr Bette; Ihr Anblick scheuchet noch der Schmerzen Bitterkeit hinweg. Doch als die Nacht ist eingebrochen, Da dringt der Schrecken in die Seele, Es geht des Schmerzes Abgrund auf, Der nimmer sich erfüllt, Die Erde scheint ein offnes Grab, Das Leben eine Sehnsucht nach dem Tode. Sehnsucht nach dem heil'gen Lande, Das uns Jesus hat gewonnen, Löset unsres Lebens Bande, Löschet aus der Erde Sonnen, Ihre Blumen, ihre Sterne, Blickt in tiefe Nacht zur Ferne. Zu ihrem Vater ist Sie heimgegangen, Er hat zu sich sein liebstes Kind gefordert, Und Sie war folgsam seinem ew'gen Willen, Uns bleibet nur, was sterblich ist gewesen, Doch bleibt uns auch der Güte Angedenken. Die Krone war von ihrem Haupt gefallen Und lag auf dem verschloßnen Sarg, Der nun die Herrliche verbarg; In frischem Glanz die Blumen wallen Noch an dem hohen Blumenbogen, Durch den Sie glänzend eingezogen, Durch den ihr Sarg wird ernst getragen Zu jenem schwarzen Wagen, Der ihn zu uns gebracht. O welche Reise! Wie traurig leise Durchzogen wir der schwarzen Fichten Nacht. Es fielen unsre Thränen in den Sand; Sie gab einst Schönheit diesem Land, Als Sie noch lebend es durchflogen, Als noch die Armen Ihr so froh entgegenzogen, Gefaltet still lag jetzt die milde Hand. Von ihrer Güte rühmen die Armen, Doch sind wohl die Ärmsten, die traurig sind, Daß Sie uns verloren, ist unser Verarmen, Daß weinet der Greis und auch das Kind; Lang wandelt die Trauer in schwarzem Gewand, Schwarz flaggen die Schiffe am fernesten Strand. Wie viel wir auch verloren, Mehr als wir Alle, ach, verlor der Eine, Den Gott als König über Alle setzte, Dem Sie von Gott ward zugesandt, Der schweren Zeiten Sorge zu verscheuchen; Ich sah ihn heut mit hohem Muth Im schwarzen Eingang seines Schlosses, Im Kreise seiner Kinder, Ihr lang zurückgehaltnes Weinen unterbrach die feierliche Stille, Das Kleinste, unbewußt der Schmerzen Sah lächelnd auf das schwarze Kissen, Worauf es ruhte. Er stand nach seines Hauses ernstem Brauch, Empfing die Todte, Die langsam dumpf herangerollt, Wie er die Lebende so oft empfangen; Er ging voran dem Sarg zum Trauersaale Es ist zu schwer, es sagt dies nie ein Mund, Gerührt erschienen mir die hohen Ahnenbilder, Doch Gott gab ihm die Kraft es zu ertragen. Er steht nun einsam in dem Leiden, Dem hohen Eichbaum gleichend im Gewitter. Das nach dem schönsten Sommertage Die hohe Zeder neben ihm zerschmetterte, Die Einzige, die seine Krone kühlte. Die hohen Häupter dieser Erde, Sie stehen heiß im Himmelsglanz, Sie sammeln rings die fromme Heerde, Und alle kühlt ihr Schattenkranz. Sie wissen nicht, wen sie beglücket, Denn nur das Leiden thut sich kund, Und wer von ihnen ist entzücket, Dem schließt die Scheu den frohen Mund. Sie sind vertheilt auf weiter Erde Und stehen einsam und allein; Da fühlet jedes die Beschwerde Vom Sturm und heißen Mittagsschein: Doch stehen zwei vertraut beisammen, Da werden sie zu einer Welt Und nur des Blitzes Himmelsflammen Zerreißen, die so schön gesellt. Du hohes Haupt, laß dich nicht blenden Vom Blitzstrahl, der Dein Glück geraubt, Du stehest noch in Gottes Händen, Für Aller Glück noch grün belaubt: Doch kannst Du nicht den Himmel sehen, Denn Thränen hüllen Deinen Blick. Von Allen, die Dich heut umstehen, Traf Dich das größte Mißgeschick. König, sieh auf unsre Herzen, Komm in Deines Volkes Mitte, Das Dich liebte, für Dich stritte, Unser sind auch Deine Schmerzen. Vater, sieh der Kinder Thränen, Die von Ihr so wenig wissen, Und doch alle Sie vermissen; Sieh der Trauer süßes Sehnen. Senke Trauer in die Trauer, Ist das Schönste Dir entnommen, Sei der Schmerz auch ganz vernommen, Dring' zum Wohnsitz aller Schauer. Was die ganze Seele füllet, Sei es Liebe oder Schmerzen, Das erhebt die edlen Herzen; Und das ird'sche Leiden stillet. Laß, o Herr, Sie uns noch schauen, Wie wir Sie zum letzenmale Sahen in dem grünen Thale Hoffnungsvoll und voll Vertrauen. Gern hätt' ich mich hingegeben, Frühen Tod für Sie zu leiden. Alle würden mich beneiden, Mich erfreut nun nichts im Leben. Nach dem Schein der Trauerkerzen, Die im hohen Schlosse strahlen, Dringen unsrer Sehnsucht Qualen; Lebend scheint sie da dem Herzen. Des Herrschers Wink erfüllt Dein Flehn, Wir dürfen zu dem Schloß eingehn. Es öffnet sich des Schlosses Thor, Wir steigen an zu Ihr die Stufen, Die schwarzen Zimmer traurig rufen, Was unser hohes Haus verlor. Wehe, wehe, seht die Zeiten Sitzend an des Sarges Ecken, Alle Blumen, die Sie wecken, Sie zu ihren Füßen streuten. Es hört das tiefbewegte Ohr Des Volkes Ruf an Grabes Stufen, Der Sarg sich öffnet unserm Rufen, Sie hört uns milde wie zuvor. Wehe, daß ich nicht kann glauben. Seht, ihres ganzen Lebens Güte, Schwebt noch auf ihrem stillen Mund, Es thut sich freundlich ihr Gemüthe Auch ohne Worte Allen kund. Wehe, daß ich nicht kann hoffen. Sie lebt noch, fühlt das Herz so stark, Die Schönheit ist dem Tod nicht eigen, Zu der sich jetzt die Himmel neigen Und Sie erheben aus dem Sarg. Segne uns mit neuem Glauben. Es schweben Engel in den Lüften Mit bunten Flügeln hellbeschwingt, Und heben Sie auf Weihrauchdüften Zum blauen Himmel neu verjüngt. Segne uns mit neuem Hoffen. Mit ew'ger Schönheit ausgeschmückt, Sieht Sie im Sarg ihr irdisch Leiden, Sie möcht' uns trösten in dem Scheiden, Sie so zu schaun, hat uns beglückt. Farbig wie ein Regenbogen Haben Engel Sie umzogen, Mondesschimmer Sie umwallt Und Gesang der Engel schallt. Du, von uns zu lang geschieden, Komm in unsern Kreis zurück. Deinem Volk gabst du den Frieden, Kehre heim zu unserm Glück. Flüchtig ist der Menschen Leben, Eilig folgen sie Dir nach; Die zu Dir im Dunkel streben, Sehen bald auch deinen Tag. Wiederschein von deinem Blicke Sieh in deinen Kindern blühn, Laß sie deinem Volk zum Glücke, Da wir Dich zum Himmel ziehn. Nimm die Krone nach dem Leiden, Diese Palmen grünen schön; Bald vorüber ist das Scheiden, Nahe ist das Wiedersehn. Wiedersehn, o Wiedersehn, Frühlingsruf aus lichten Höhn, Ätherglanz nach Grabesnacht, Palmenkranz in Himmelspracht, Du erhebst die müden Augenlider, Die von lieber Hand geschlossen; Lieblich Volk der Engel seh' ich wieder, Kenn' die freundlichen Genossen, Die auf Strahlen mich umspielt, Eh' ich Erdenlust gefühlt! – Alle, alle kenn' ich wieder, Tausend lächeln zu mir nieder, Winken mir in süßem Sehnen; Dreie weinen Freudenthränen, Haben mich so still umflogen, Ihre Kniee sind gebogen; Ihre Hände sind gefalten, O, der lieblichen Gestalten: Streckt ihr eure Händchen aus, Bietet Lilien mir zum Strauß. Süße Mutter komm nach Haus. Gleicher Schwung dehnt eure Flügel, Eure Augen sind mir Spiegel, Daß ich selber mich beschaue Und dem Ruf der Engel traue. Wiedersehn, o Wiedersehn, Himmel Gottes, wie so schön; Süße Kinder, früh verloren, Unter Schmerzen mir geboren, Ja ich seh' euch, kenn euch wieder, Wie ihr streckt die Händchen aus. Süße Mutter komm nach Haus, Auf der Erde ist es kalt, Ew'ge Wärme uns umwallt, Komm' zur ew'gen Freudenschwelle. Aus der lichten Gnadenquelle Blickt zu mir, ihr süßen Kinder, Und es geht mein Flug geschwinder; Singet Trost den lieben Meinen, Die noch auf der Erde weinen, Hier entschwindet aller Graus. Eure Mutter kommt nach Haus! Mitten in dem Weltgetümmel Lebt die Lieb' im hohen Himmel, Überm dunklen Erdenraum Schwebt der Liebe lichter Traum, Ahndet in den dunklen Stunden, Wer im Himmel einst verbunden. Wiedersehn ist euch so nah. Ach, wie ist der Himmel nah, Wie die Lüfte euch umfließen, Wird mein Athem euch begrüßen; Lebe wohl, Du Vielgeliebter Tiefbetrübter, Nur ein Kuß der Geisterwelt Uns im stillen Traum gesellt. Vater, Brüder, all' die Meinen Seh' ich lange trostlos weinen, Nur die Zeit wird tröstend scheinen. Lebet wohl ihr süßen Kinder, Ihr entwachst dem Schmerz geschwinder; Wiedersehn, o Wiedersehn Einet uns in goldnen Höhn. Lebet lang dem treuen Volke, Das, bedeckt von schwarzer Wolke, Durch die Erdennächte irrt; Wie des Adlers Flügel schwirrt Durch die Nacht zum Licht der Sonne, Ahndend ferne Siegeswonne, Also wandelt unverzagt, Bis es tagt; Großes soll durch Euch geschehn, Großen Schmerz müßt Ihr bestehn: Wie die Ströme nach dem Meere, Schwellen durch des Landes Krümmen, Also zieht durch Noth die Ehre, Euch zu Großem zu bestimmen. – Lebe wohl Du hohes Schloß, Das der Strom so hell umfloß; Lebe wohl, du Heimath-Flur, Die mit Blumen mich empfangen, Die Natur Hat ein himmlisches Verlangen, Treibt die Blumen hoch empor, Höher noch die süßen Düfte In die Lüfte. Denket mein im Blumenflor, Denket mein im Glanz der Bäume, Wenn der Nachtigallen Träume In der Morgenröthe sterben; Morgenröthe mir begegnet: – Singen kann der Schwan im Sterben, Segnen kann die Lieb' im Sterben, Seid gesegnet Mit dem Glauben, mit dem Hoffen, Seht den goldnen Himmel offen. Offen ist des Himmels Thor, Dich begrüßt des Himmels Chor. Sie steigt empor, Knieet nieder, Hohe Lieder Schallen aus dem Himmels-Thor! Sagt, wessen ist das Leben? Ihr könnt es nicht bewahren, In allen euren Jahren Seid ihr vom Tod umgeben. In Christus ist das Leben, Er ist für euch gestorben Und hat die Lieb' erworben, In ihm ist Lieb' und Leben. Sagt, wessen ist das Herz? In schwerem Liebesschmerz Tragt ihr das Herz zu Grabe, Doch mit dem Kreuzesstabe, Durchbricht der Herr den Sarg Und was die Erde barg, Im Herzen bleibt geborgen, Und dringt zum ew'gen Morgen, Er ist das Herz der Welt, Das ew'ge Liebe schwellt. Schaut empor; Ach schon schweigt der hohe Chor; Nun des Himmels Thor geschlossen, Hat uns alte Nacht umflossen, Doch mit neuer Zuversicht Harren wir auf Tageslicht. Eine Kraft hat uns durchdrungen, Ew'ger Muth ist uns erklungen, Laßt uns nach den Palmen trachten Im Gebet und in den Schlachten; Dieses Lebens kurze Schmerzen Zwingen nicht die edlen Herzen. Frisch zur Arbeit, frisch zum Streiten Gehen wir aus Trauerzeiten, All' in einer Lieb' vereint, Wenn die Sonne wieder scheint. Verschwunden ist die dunkle Nacht, Ihr lieben Christen seid munter und wacht, Und lobet Gott den Herrn. Lobt den Herrn, Lobt den Herrn! Schaut! es glänzt der Osten helle, Schaut! es spiegelt jede Welle, Schaut zum Himmel, aus der Nacht Steigt der Sonne Herrscherpracht. Ahndung glänzt in nassen Blicken, Wie der junge Tag im Thau, Auf der Trauer ruht Entzücken, Himmel auf der grünen Au. Ihrer Asche, Eurer Liebe, Baut ein Denkmal, Das zu späten Zeiten rede, Das euch sei ein Ort der Trauer, Wo von Thränen Blumen sprießen, Wo die dunklen Bäume schatten, Wo der Strom vorüberwallet, Und dem fernen Meer verkündet Eure Liebe, eure Trauer. – Sie braucht des Ruhms der Todten nicht, Sie lebt, Sie wachet über Euch, Wird Euer Schutzgeist sein. Uns umstrahlet die Entfernte, Frisch zur Arbeit, frisch zur Erndte, Wie die Sonne kehret wieder, Blickt die Herrscherin hernieder. Triumph, Triumph! Sie bleibt uns nah! Singt dem Herrn Halleluja. Unser Adler dringt Durch die hohe Luft, Und die Lerche singt Durch den Morgenduft, Triumph, Triumph, sie bleibt uns nah, Singt dem Herrn Halleluja. Fußnoten 1 Bei diesen Worten wurde der schwarze Vorhang von dem beschriebenen Denkmale hinweg gezogen. 2 Die Hochselige besuchte den Opernsaal zum letztenmal bei der Aufführung der Cantate vom Tode Jesu.