Zu Gott! 1884. Wie über sturmgejagten, Nachtwirren Wassern Einsam der Mond wandelt, Durch Wolken verdeckt, So über den Welten Schreitet Gott dahin. Unser Auge schaut dich nicht, Denn blind von den Lüsten Des staubgeborenen Sündigen Leibes Hängt es am Boden. Ueber uns wallt, dicht wie Bergnebel, Nur Dampf und Rauch, Aufqualmend vom Blute, Das die Sünde vergossen, Wallt zwischen dir und uns, Daß höhnische Lippen murren: Es ist kein Gott! Denn alle Liebe, die du erschaust Unter den Menschenkindern, Ist Gemeinheit, Ekel, Des Weibes, des Mannes Gluth Verlöschen im Schlamm der Lüste, Und keine Freude ist, Die nicht in Thränen geboren, In Thränen erstirbt. Ich aber erkannte dich In dunkler Thränennacht, Als Sehnsucht in mir schwoll, Und mild wie ein Thautropfen In dürres Laub, Fiel in meine Seele Dein Erkennen. Ich bin entbrannt in Liebe zu dir, Ich lodre wie die Sonne, Ich glühe wie ein Schwert In sausenden Feuern. Empor, empor durch den Dampf, Der Lüfte finstern Graus! Flügel! Flügel! Der du dein schönes heiliges Antlitz Verbirgst uns schmerzbeladenen, Mühsal-Leidenden Unseligen Menschen, Willst Du in Qualen uns lassen, Ewig verschließen für uns dein Herz, Nur allein trinken Vom Borne deiner Liebe, Wie eine kalte schöne Geliebte Dich berauschen an dir selber? Aber ich will dringen zu dir, Ueber die Welten hinaus, Und an den morgigen Thoren, Wo der Leib zerfällt In mürben Staub, Soll meine Seele umfluthet Von strahlenden Aetherfeuern Mit dir ringen, Hüft' an Hüfte, Aug' in Auge gluthend, Nicht lassen von dir, Bis du mich gesegnet! Daß ich niedersteige Ein besserer Prometheus, In beiden Händen Schwertragend eine feuerglühende Dampfende Opferschale, Gefüllt mit den krystallreinen Leuchtenden Wellen deiner Liebe. Daß ich sie ausgieße Ueber die dürstende Erde, Ueber die armen und elenden Leiderfüllten Menschen, Daß aufgehe aus dem feurigen Samen Der Gottesliebe Goldstrahlend, sonnenumgluthet Der Baum ewiger Freude. Niederzwingen will ich dich, Gott, Kämpfen um deine Liebe, Oder in mein Hirn Falle mit fressendem Roste Der Wahnsinn, Wie ein Blitzstrahl ausbrennend, Feuer gegen Feuer, Die Gluth der Gedanken.