Gesicht Durch der Vergangenheit Gefild Schwebte mein Geist, Auf der Geschichte Blättern Weilte mein Auge, Als mit dunkelem Sternbesäeten Fittig Ueber die Erde Hinzog die Mitternacht. Auf meine Schläfe Legte sich's plötzlich Wie beschwörende Zauberhand, Meine Augen erkannten Nicht mehr die Lettern Und diese dehnten sich aus Und wuchsen Und waren zu fassen Und wurden zu Körpern ... Und plötzlich Stand ich auf einem Unendlichen, Großen Friedhof ... Von Horizont zu Horizont Reichte die Reihe der Gräber, Und auf ihnen standen Kreuze und Male, Und dazwischen glühten Lichter, als wäre Der Tag aller Seelen. Wie ich nun hinblickte Sah ich, daß aus den Gräbern Jedem wuchs eine Hand, Eine anklagende Todtenhand, Den Richter anflehend Um Gerechtigkeit. Und an den Kreuzen Hingen blutige Leichname Mit schmerzverzerrten Gesichtern Und gebrochenen Augen Und von den erblaßten, Wehdurchzuckten Lippen Tönte die Klage Gegen Tyrannen Und alle die Grausamen, Die seit der Welt Beginn Die Menschheit gepeinigt Und gemartert, Die nicht wußten, Daß die Menschen Alle nur Brüder Und die der Liebe vergaßen ... Die Leuchten aber Waren Scheiterhaufen, In denen Verdammte stöhnten, Und unter den Steinernen Gräbermalen Keuchten Schatten, Als trügen sie Noch wie dereinst In grausamem Frohndienst Die Felsenblöcke Hin zum Baue Der Pyramiden ... Schaudernd stand ich, Da rief eine Stimme: Die du hier siehst, Es sind die Schatten Der Armen und Elenden, Der unschuldig Verdammten. Der Märtyrer, Die Nero mordete, Und die auf Philipps Weisung Des Feuers Rachen verschlang. Alle unschuldig Gequälten Seelen Hier führen sie Klage Gegen ihre Peiniger. Jeder Frevel Ist hier verzeichnet, Den Menschen begingen Seit der Welt Beginn, Auf daß die Armen Gerächt würden Und die Bösen gerichtet, Auf daß die Schlechten Seien auf ewig Der Menschheit zum Abscheu, Und ihr Name Werde genannt nur Mit einem Fluche ... Der Kirchhof, auf dem du stehst – Dieser düstere Vehmgrund: Wisse, er ist das Gericht Der Geschichte ...