Erinnerung. An Henrietten. Von dir getrennt und deinem Kuß, und all' dem seligen Genuß, der einst uns so beglückte, bleibt nichts zurück – der Myrthenkranz, der unsre Stirne schmückte, liegt blätterlos und ohne Glanz zerpflückt zu unsern Füßen. – O laß uns durch Erinnerung und durch den zauberischen Schwung der Phantasie ein Glück genießen, das allzu früh für uns entwich, und laß im Traum' uns wonniglich fest an einander schließen. Gedenk' der wonnevollen Zeit, als ich in süßer Trunkenheit dein weißes Knie entblößte, als ich mit kühner Jünglingshand den gold'nen Gürtel löste, und dann die Burg der Liebe fand. Gedenke dann an jenes Sträuben, an deine holde Schüchternheit, es möchte stets von unserm Streit die Spur auf jenen Lippen bleiben, die tausendmal mein Mund berührt, eh' du, zum Widersteh'n schon schwächer, den schärfsten Pfeil aus Amors Köcher in deine Grotte selbst geführt. Noch jetzt, berauscht von Phantasieen, fühl' ich die bleiche Wange glühen, von der das Roth der Jugend wich, noch jetzt beginnt ein Bach zu rinnen, der längst schon träg' und langsam schlich. O Mädchen, Mädchen, denk' ich dich, so kocht auf's Neu' in meinen Sinnen der Liebe Glut, von stiller Lust hebt mächtiger sich meine Brust, und wünscht auf's Neu' mit dir zu ringen und auf den purpurnen Altar dir neue Opfer darzubringen, der einst der Heerd für meinen Erstling war. O welch ein Rausch, geliebte Henriette, o welch ein Taumel nahm uns ein, als ich zuerst, mich dir zu weih'n, dich hin zu deinem weichen Bette mit liebevollen Armen trug, und meine Hand um deine Lenden schlug, und gern mich ganz in dich verloren hätte. Wie rollten uns're Augen nicht, es schwand vor unsern feuchten Blicken die ganze Welt, der Sonne Licht, ach alles, alles schwand – nur nicht dies wenige, dies göttliche Entzücken, das noch nach vielen Jahren bleibt, und jetzt das Blut in meinen Wangen in schnellern Kreisen heftig treibt, um wieder Freuden zu verlangen, die keine Gottheit geben kann, weil längst der Quell der Lebensfreuden nach unruhvollem trüben Scheiden in Träumerei'n der Nacht verrann. Noch denk' ich immer mir die Scene, wo ich zuerst die weiche Thräne der Wollust in den weichen Schooß des liebesiechen Mädchens goß. Auch du gedenkst gewiß der Stunden, wo ich dein Heiligthum entdeckt, und durch die schönste aller Wunden mit Purpur dein Gewand befleckt, wo du der Liebe Glück empfunden, wo deine weiche Lilienhand zuerst den Pfeil der Liebe fühlte, und mit der gold'nen Locke spielte, bis daß er schnell vor dir verschwand, und sich in deinem Schooß versteckte, und zärtlich von dem Rosenrand den Thau geheimer Liebe leckte. Vielleicht erscheint noch einst die Zeit, wo ich dich, Holde, wieder sehe, und jenen Kampf der Zärtlichkeit mit neuer Jüngslingskraft bestehe. Vielleicht, gewiß – gewiß – ich sehe dein Heiligthum im Traume schon, und ernte dort den Minnelohn, nach dem ich jetzt vergebens flehe. Ung[enannt].