Berlin den 8ten April 1826. An den Privatdocenten Herrn Doktor Müller Wohlgeboren in Bonn. Ew. p danke ich verbindlichst für die Aufmerksamkeit, welche Sie mir persönlich durch gefällige Zueig- nung Ihrer neuesten von dem müh- samsten Fleiße, einer feinen Beobachtungsgabe, und einem um- sichtigen Urtheile zeugenden Schrift, die sehr schätzbare Bei- träge zur vergleichenden Physiologie des Gesichtssinnes des Mensch en und der Thiere enthält, bezeigt haben. Um Ihnen meine besondere Zufriedenheit mit Ihren bisherigen wissenschaftlichen Leistungen auch öffentlich zu bethätigen, habe ich Sie nunmehr zum ausser- ordentlichen Professor in der medicinischen Fakultät der dortigen Universität ernannt, und hege ich zu Ihrem ausgezeichneten Eifer für die Wissenschaft eine für den Beruf eines öffentlichen Lehrers derselben das wohlbegründete Vertrauen, daß Sie die in der Stellung, welche Sie nunmehr zu der dortigen medicinischen Fakultät einnehmen, meine Erwartungen erfüllen und Sich dadurch Ansprüche auf weitere Berücksichtigung erwerben werden. Ihre förmliche Bestallung wird der ausserordentliche Regierungsbevollmächtigte G. R. R. Rehfues Ihnen einhän- digen. Gar sehr bedaure ich, daß es mir für jetzt nicht möglich war, Ihnen zugleich mit Ihrer Beförderung zum ausserordent- lichen Professur auch eine angemessene Besoldung zu bewil- ligen. Indessen habe ich, um Ihnen in Ihrer bedrängten ökonomischen Lage so viel als möglich zu Hülfe zu kom- men Ihnen aus diesseitigen allgemeinen Fonds eine ausserordentliche Remuneration von Zweihundert Thalern bewilligt, welche Sie bei der Generalkasse meines Mi- nisterii gegen vorherige Einsendung Ihrer Quittung erheben können. Ich werde bis zu dem Zeitpunkte, wo eine feste Besoldung für Sie ausgemittelt seyn wird, Ihnen auch fernerhin auf ähnliche Weise das Drückende Ihrer oekonomischen Lage zu erleichtern suchen. Die von Ihnen begonnenen Untersuchungen über den Einfluß des gefärbten Lichtes auf die Vegetation und auf die Lebenserscheinungen der Pflanzen und Thiere, deren Sie in Ihrem beifallswerthen Schreiben vom 2ten Februar d. J. gedenken, wünsche ich von Ihnen fortgesetzt und zu einem wo möglich entscheidenden Resultate geführt zu sehen. Die Kosten, welche für Sie aus diesen Untersuchungen durch den Ankauf gefärbter Gläser u. s. w. bereits erwach- sen sind, oder noch erwachsen werden, werde ich Ihnen durch eine ausserordentliche Bewilligung erstatten lassen, und fordere ich Sie zu dem Ende auf, mir den Betrag derselben demnächst anzuzeigen. Mit Vergnügen benutze ich diese Veranlassung, Sie meines aufrichtigen Wohlwollen zu versichern Berlin p N. S r Exc. Altenstein