1822, 27. Juli. Mit Karl Huß und Joseph Sebastion Grüner Der Scharfrichter Huß... brachte vor Tisch einen sehr schönen Bleispath von Bleistadtl mit starken deutlichen Krystallen; es kommen dort besonders schöne krystallisirte Braunbleierze vor. »Sie sollen hierüber gelobt werden, Herr Huß,« sagte Goethe, »wir wollen sehen, was für Sie wieder zu thun sei.« Darauf Goethe zu mir: »Den Fundort des Mammuthszahns wünschte ich in Augenschein zu nehmen, könnten Sie mich nach Tische nach Dölitz begleiten?« Ich bejahte die Frage mit Vergnügen, und gleich nach Tische wurde dahin gefahren. Von Dölitz aus erblickte man östlich Maria Kulm, nördlich Franzensbad, westlich den Kammerbühl, und südlich den Fundort der Heideneiche und die Stadt Eger, dann den Kranz der Gebirge, welche das Egerthal einschließen. Goethe betrachtete aufmerksam die ganze Gegend, dann fragte er mich, ob die durch das Thal getrennten Dörfer jenseits auch Kalkgruben besitzen, und ob dort ein ähnlicher Kalkstein und Mergel wie hier zu Tage gefördert werde? Ich konnte diese Frage mit dem Beisatze bejahen, daß ich auch von jenen Dörfern Kalkstein und Mergel zu Hause hätte. »Das ist klug von Ihnen, Sie ersparen mir den Hinweg.« Es wurden nun von Mergel und Kalkstein Exemplare eingepackt, und da die Luft rauh geworden war, auch Goethe sagte, daß sein linkes Auge sich entzünde, so wurde das Zeichen zum Abfahren gegeben. Bevor er in die Kutsche stieg, ging er zu den Schnittern, betrachtete ihre Schleifsteine, und wollte wissen, woher dieselben stammen. Die Schnitter konnten aber keine andere Antwort geben, als daß Sie die Schleifsteine auf dem Egerer Markt gekauft hätten. Nach der Ankunft in Eger wurden die Exemplare auf die mehrerwähnte große Tafel gelegt. Zur Vergleichung brachte ich auch die von mir bei den Dörfern Dirschnitz, Oberndorf, Trebendorf gesammelten Exemplare, die ihm sehr willkommen waren. »Ich empfehle Ihnen«, sagte Goethe, »diese Kalkbrüche öfter zu untersuchen, und dabei die Arbeiter aufmerksam zu machen, daß sie jene Kalksteine, oder den Mergel, in welchen Pflanzen- oder andere Abdrücke, Muscheln, Schnecken vorkommen sollten, für Sie auf die Seite legen möchten; denn das ist von großer Bedeutung. Wenn Sie mir nicht so kräftig versicherten, daß der Mammuthzahn hier gefunden worden sei, so würde ich diesen Fundort bezweifeln.« Ich antwortete: Die Familie Kriegelstein, welche dieses Gut besaß, hat die Kalkgruben betrieben, und den Zahn als eine dort aufgefundene Merkwürdigkeit bewahrt. Ich würde Nachgrabungen eingeleitet haben, aber der vorige Eigenthümer war verstorben, und weder der jetzige Besitzer noch sonst jemand konnte mir Aufklärung geben; denn wie Eure Excellenz sahen, ist die Oberfläche durchaus zu Feldern zugerichtet, daher konnte ich nichts veranlassen. »Es wäre freilich gut gewesen,« sagte Goethe, »denn Sie waren wahrscheinlich der Meinung, wo der Zahn war, könnten sich auch andere Gliedmassen finden.« Ich übergab Goethe, wie ich schon manchmal gethan, einige in früheren Zeiten von mir verfaßte kleine Gedichte, die sich nicht alle für die Öffentlichkeit eignen, die ihn aber zum Lachen und zu dem Ausrufe brachten: »Wo haben Sie die Sachen her, das ist etwas für unseren Serenissimum.«