1809, 6. und 10. December. Mit Friedrich Wilhelm Riemer Unter andern Philisterkritiken über die »Wahlverwandtschaften« war auch die, daß man keinen Kampf des Sittlichen mit der Neigung sehe. Dieser Kampf ist aber hinter die Scene verlegt, und man sieht, daß er vorgegangen sein müsse. Die Menschen betragen sich wie vornehme Leute, die bei allem innern Zwiespalt doch das äußere Decorum behaupten. Der Kampf des Sittlichen eignet sich niemals zu einer ästhetischen Darstellung. Denn entweder siegt das Sittliche, oder es wird überwunden. Im erstern Fall weiß man nicht, was und warum es dargestellt worden; im andern ist es schmählich, das mit anzusehen; denn am Ende muß doch irgend ein Moment dem Sinnlichen das Übergewicht über das Sittliche geben, und eben dieses Moment giebt der Zuschauer gerade nicht zu, sondern verlangt ein noch schlagenderes, das der Dritte immer wieder eludirt, je sitticher er selbst ist. In solchen Darstellungen muß stets das Sinnliche Herr werden; aber bestraft durch das Schicksal, d.h. durch die sittliche Natur, die sich durch den Tod ihre Freiheit salvirt. So muß der Werther sich erschießen, nachdem er die Sinnlichkeit Herr über sich werden lassen. So muß Ottilie karter iren, und Eduard desgleichen, nachdem sie ihrer Neigung freien Lauf gelassen. Nun feiert erst das Sittiche seinen Triumph.