1776, Juli. Mit Friedrich Wilhelm Heinrich von Trebra Ich war nur seit wenigen Tagen erst in diesen lebensvollen [weimarer] Zirkel eingetreten, angeschwommen aus einer Region, wo naher und ferner Dienstverhältnisse wegen das Benehmen geräuschlos, sehr klüglich still und forschend aus andern eingerichtet sein mußte, alle frohe Herzensergießung zurückpressend – hier war alles erlaubt. Unbewacht ausgelassen zu sein, war hier wonicht gefordert, doch nicht ungern gesehen, wohl gar gewünscht. So hatte auch ich nach vorleuchtendem hohen Beispiel bald die Überzeugung erlangt, obwohl auch bis hierher Behutsamkeit gebietende Dienstverhältnisse mich begleitet hatten; denn daß alle übrige, hoher Adel und niederer und Bürger es glaubten, bewiesen allesammt mit Händen und Beinen im Gebrauch gegen sich unter einander und gegen die Höheren. »Nicht das,« – flüsterte der Ernstere von ihnen [Goethe] mir zu, den schon vom ersten Moment der Bekanntschaft an im Auge behielt – »nur von ihren Leibern haltet Euch fern, und duldet lieber, was sie körperlich Euch zufügen, wenn sie sich zur handfälligen Lustigkeit herablassen.« Noch manche andere solche tiefliegende Wahrheiten hatte ich ihm schon abgehorcht, wo Großes im Wirken auf Bemerkungen im Kleinen lag. »Ich will mir auch gleich die Seitenhaare am Kopfe ganz wegschneiden!« war einmal der Einfall des höhern Frohsinns. »Das kann man bald machen,« war die Entgegnung des kalten Ernstern darauf, »nicht so, sie wieder wachsen machen.«