1810, 18. September. Bei Körners Goethe war auch in Karlsbad und ich [Emma Körner] war äußerst begierig, ihn nach mehreren Jahren wieder zu sehen; die erste Zusammenkunft mit ihm entzückte mich indessen nicht, da er immer etwas steifes hat, ehe man genauer mit ihm bekannt wird, und obgleich er meine Eltern nun doch schon so lange kennt, konnten wir es doch während unsers ganzen Aufenthalts in Karlsbad nicht dahin bringen, mit ihm auf einen zutraulichern Ton zu kommen, aber bei einem Aufenthalt von 14 Tagen, den er nach vollendeter Badecur in Dresden machte, hat er uns reichlich für diese Förmlichkeit entschädigt, indem er ein ganz andrer Mensch war, als wir ihn früher gesehn, und seine Art, sich über so manche Gegenstände mitzutheilen, uns unendlichen Genuß gewährt hat. Er nimmt großes Interesse an Musik, und unsre kleine Singakademie machte ihm sehr viel Freude. Dresden hat ihm so wohl gefallen, daß er uns versprochen, künftiges Jahr wieder hier durchzugehn und dann einen längern Aufenthalt zu machen; er hatte uns auch eingeladen, ihn diesen Winter in Weimar zu besuchen, was aber bei dem Vater seinen Geschäften leider ganz unmöglich ist.