1779, 26. Juli. Mit Christoph Martin Wieland Mit Goethe hab' ich vergangene Woche einen gar guten Tag gehabt. Er und ich haben uns entschließen müssen, dem Rath May zu sitzen, der uns ex voto der Herzogin von Württemberg für Ihre Durchlaucht malen soll. Goethe saß Vor- und Nachmittags und bat mich, weil Serenissimus absens war, ihm bei der leidigen Session Gesellschaft zu leisten und zur Unterhaltung der Geister den »Oberon« vorzulesen. Zum Glück mußte sich's treffen, daß der fast immer wüthige Mensch diesen Tag gerade in seiner besten receptivsten Laune und so amusable war, wie ein Mädchen von sechzehn. Tag meines Lebens hab ich niemand über das Werk eines andern so vergnügt gesehen, als er es mit dem »Oberon« durchaus, sonderlich mit dem 5. Gesang war, worin Hyon sich von dem kaiserlichen Auftrag verbotenus acquittiret. Es war eine wahre jouissance für mich, wie Du leicht denken kannst. Ein paar Tage darauf gestund er selbst, daß er in drei Jahren vielleicht nicht wieder in diesen Grad von Receptivität und Offenheit jedes Sinnes für ein opus hujus furfuris et farinae kommen würde.