1827, 21. März. Mit Johann Peter Eckermann Goethe zeigte mir ein Büchelchen von Hinrichs über das Wesen der antiken Tragödie. »Ich habe es mit großem Interesse gelesen,« sagte er. »Hinrichs hat besonders den ›Ödip‹ und die ›Antigone‹ von Sophokles als Grundlage genommen, um daran seine Ansichten zu entwickeln. Es ist sehr merkwürdig, und ich will es Ihnen mitgeben, damit Sie es auch lesen und wir darüber sprechen können. Ich bin nun keineswegs seiner Meinung; aber es ist im hohen Grade lehrreich, zu sehen wie ein so durch und durch philosophisch gebildeter Mensch von dem eigenthümlichen Standpunkt seiner Schule aus ein dichterisches Kunstwerk ansieht. Ich will heute nichts weiter sagen, um Ihnen nicht vorzugreifen. Lesen Sie nur, und Sie werden sehen, daß man dabei zu allerlei Gedanken kommt.«