1823, 13. September. Mit Friedrich von Müller Als ich Abends 7 Uhr bei ihm [Goethe] eintraf, lenkte sich das Gespräch gar bald auf Rehbein's Braut [Katharina v. Gravenegg], die dieser heimzuholen gerade jenen Abend nach Eger abgereist war. Diese schöne Gelegenheit ergriff der alte Herr auf's Schlauste, sein eignes Glaubensbekenntniß auszusprechen. Er lobte nämlich die Braut über alle Maaßen, nannte es aber doch einen dummen Streich, daß Rehbein sich so rasch vereheliche. »Sie wissen«, sagte er, »wie ich alles Extemporiren hasse, vollends eine Verlobung oder Heirath aus dem Stegreife war mir von jeher ein wahrer Greuel. Eine Liebe wohl kann im Nu entstehen, und jede ächte Neigung muß irgend einmal gleich dem Blitze plötzlich aufgeflammt sein, aber wer wird sich denn gleich heirathen, wenn man liebt? Liebe ist etwas Ideelles, Heirathen etwas Reelles, und nie verwechselt man ungestraft das Ideelle mit dem Reellen. Solch ein wichtiger Lebensschritt will allseitig überlegt sein und längere Zeit hindurch, ob auch alle individuelle Beziehungen, wenigstens die meisten, zusammen passen. Übrigens ist Rehbein's Heirathsgeschichte so wunderbar, daß offenbar die Dämonen sich hineingemischt haben, und da hütete ich mich dagegen zu sprechen, ob ich gleich innerlich wüthend war.«