Zwischen 1765 und Mitte 1768. Bei Johann Michael Stock Beide Schwestern, Marie und Doris, gedachten gern ihres Vaters, des Leipziger Kupferstechers Stock, von dem Goethe als Student sich unterrichten ließ. Goethe sagt darüber in seinem »Leben«, daß beide Schwestern ihm stets ihre Freundschaft bewahrt hätten, daß die älteste glücklich verheirathet, die jüngere eine ausgezeichnete Künstlerin sei. Den Schwestern blieb jene Studienzeit gar wohl erinnerlich; denn sie waren beinahe erwachsen. Das Gedächtniß der älteren bewahrte manche kleinen Züge, die, an sich unbedeutend, zur Vervollständigung von Goethes Lebensbild dienen können. Stock's Verhältnisse waren sehr beschränkt. Eine geräumige Bodenkammer in dem großen Breitkopf'schen Hause zum Silbernen Bären diente ihm, seiner Frau und den beiden Töchtern als Arbeits- und Empfangszimmer, in welchem auch der Schüler Platz fand. Während Stock und Goethe je an einem Fenster über ihren Platten schwitzten, saßen die Töchter an dem dritten Fenster mit weiblicher Arbeit beschäftigt oder sie besprachen mit der Mutter die Küche. Das Gespräch ging ohne Unterbrechung fort; denn schon damals zeigte Goethe eine große »Lust am Discuriren«. Eines Tages sagte Stock: »Goethe, meine Töchter wachsen heran, was meinst Du, worin soll ich die Mädchen unterrichten lassen?« »In nichts anderem, erwiederte Goethe, als in der Wirthschaft. Laß sie gute Köchinnen werden, das wird für ihre künftigen Männer das beste sein.« Der Vater befolgte diesen Rath, und nicht ohne Empfindlichkeit versicherte mich die ältere Schwester, daß sie dies Goethen immer nachgetragen habe, und daß sie infolge dieses Rathes ihre ganze Ausbildung mit der größten Mühe sich selbst habe erwerben müssen.