1795, Ende Mai. Mit Friedrich Schiller Deine [Körner's] Ergießungen über »Meister« habe ich Goethe, der wieder hier ist, vorgelesen und ihm Freude darüber gemacht. Auf die Komödie will er aber nicht entriren; denn er meint, daß wir kein gesellschaftliches Leben hätten. Er hat bei der Revision seines Manuscripts für die Fortsetzung des »W. Meisters« eine interessante Materie über den Unterschied zwischen Roman und Drama unter die Feder bekommen, worin mir die Hauptidee sehr gefällt. Der Roman, sagt er, fordert Gesinnungen und Begebenheiten, das Drama Charakter und That. Im Roman darf der Zufall mithandeln, aber der Mensch muß dem Zufall eine Form zu geben suchen. Im Drama muß das Schicksal herrschen und dem Menschen widerstreben u.s.f. Die Ausführung dieser Ideen, wovon er mir ausführlicher gesprochen, giebt ihnen sehr viel Wahres.