1772, Mitte August. Bei Ludwig Julius Friedrich Höpfner Goethe hatte sich i. J. 1772 dem Professor Höpfner [in Gießen] in fremder Gestalt, verkleidet, als ein zur Heimath kehrender studiosus juris vorgestellt und, von ihm nicht gekannt, mit ihm, Merck, Schlosser und Christ. Heinr. Schmid sehr ergetzliche Tischgespräche geführt. So geschickt auch Goethe diesen wunderbaren Anfang seiner Bekanntschaft mit Höpfner in »Dichtung und Wahrheit« erzählt, so ist doch eben seine Schilderung ein neuer Beweis, wie ein solcher flüchtiger Scherz, wenn er in trocknen Buchstaben erscheint, so vieles von seinem Salz und Leben einbüßt. Ganz anders nahm sie sich (nach glaubwürdiger Erzählung) im Munde Höpfner's aus, wenn er sie dramatisirte, die seltsame Erscheinung des wunderschönen jungen Menschen mit den feuervollen Augen und dem unbeholfenen linkischen Anstand beschrieb, seine komischen Reden wiederholte und dann endlich zur Explosion kam, wie der blöde Student aufsprang und Höpfner'n um den Hals fiel mit den Worten: »Ich bin Goethe! Verzeihen Sie mir meine Posse, lieber Höpfner, aber ich weiß, daß man bei der gewöhnlichen Art durch einen Dritten mit einander bekannt gemacht zu werden, lange sich gegenüber steif und fremd bleibt, und da, dachte ich, wollte ich in Ihre Freundschaft lieber gleich mit beiden Füßen hineinspringen, und so, hoff' ich, soll's zwischen uns sein und werden durch den Spaß, den ich mir erlaubt habe.«