1831, 3. (?) September. Mit Alexander Koschelew Ich vermag nicht zu beschreiben, mit welchem Zagen ich mich dem Hause Goethe's näherte; zögernd betrat ich den Hausflur und zog endlich die Glocke. Ein Dienstmädchen öffnete mir und lud mich sofort ein, ihr zu folgen; es wies mich ins Empfangszimmer und entfernte sich dann, um mich seinem Herrn zu melden. Die Wände des Zimmers, in das ich eintrat, waren mit Gemälden und Zeichnungen behängt, in den Ecken standen antike Statuen. Ich hatte kaum Umschau gehalten, als sich die Thür, die zum Cabinet führte, öffnete und Goethe eintrat. Obgleich mir seine Züge aus einer Menge von Portraits sehr bekannt waren, so übten die Augen des lebenden Goethe und der Ausdruck seines Gesichts dennoch eine große Wirkung auf mich aus. Wir setzten uns, und Goethe begann sofort von der Großfürstin zu reden, von dem Glücke Weimars, einen solchen Schatz zu beherbergen und dergleichen mehr. Darauf sprach er von unserem großen Kaiser (Nicolaus I.), von der Macht Rußlands u.s.w. Ich wünschte das Gespräch auf einen literarischen Gegenstand zu leiten und erlaubte mir deshalb eine kleine Lüge, indem ich Goethe sagte, daß Schukowskij, (der berühmte Übersetzer Schiller's und Goethe's ins Russische und bekannte Dichter) ihn grüßen lasse. »Ach,« entgegnete Goethe, »wie glücklich ist der Wirkliche Staatsrath v. Schukowskij, der die schmeichelhafte Aufgabe hat, die Erziehung des Thronfolgers des russischen Reichs zu leiten!« – Das nun folgende Gespräch hatte durchweg einen ähnlichen Inhalt, und ich verabschiedete mich endlich mehr als enttäuscht.