1823, 24. Februar. Während Goethes Krankheit Nachmittags wurde er sehr heftig gegen die Ärzte, befahl mit Ungestüm ihm Kreuzbrunnen zu geben und sagte: »Wenn ich denn doch sterben soll, so will ich auf meine eigene Weise sterben.« Er trank auch wirklich ein Fläschchen Kreuzbrunnen mit sichtbar gutem Erfolg. Kurz vorher sagte er zu seinem Sohn: »Das ist ein Kampf zwischen Leben und Tod.« Von 4 1/2-9 Uhr war ich [v. Müller] im Nebenzimmer, seine Stimme klang ziemlich sonor und kräftig .... Ich hörte ihn nach allen Umständen und dem Hergang seiner Krankheit fragen, Rechenschaft fordern, wie von einer fremden, abgeschlossenen Sache. Er triumphirte, daß sein scharfer Geschmack etwas Anis in einer Arznei entdeckt habe, und daß man sich, weil ihm diese Kräuter stets verhaßt gewesen, zur Umänderung des Receptes entschlossen. Mit Wohlgefallen hörte er, daß man ihm Arnica geben wolle und hielt ganz behaglich eine kleine botanische Vorlesung über diese Blume, die er sehr häufig und sehr schön in Böhmen getroffen. »Die Phantasien sind nur Plünderungen des Verstandes und Geistes.« – »Es lasten solche Massen von Krankheitsstoff auf mir seit 3000 Jahren; man gewahrt deutlich, wie sich das Conventionelle, das Einbildige dazwischen schiebt.« Sehr oft fragte er, wer alles von Freunden dagewesen, sich nach ihm zu erkundigen. »Das ist sehr artig von den guten Leuten.« Er wurde sichtbar besser, trieb die Seinigen zur Ruhe: sie sollten sich selbst bedenken; für das Wenige, was er bedürfe, sei ja gesorgt. »So habe ich doch nicht alle Eure Feste gestört.« Die Hoffnung kehrte ihm selbst wieder; er meinte: »Morgen werde ich ordentlich den Kreuzbrunnen wieder trinken und dann bald wieder ein ordentlicher Mensch mit Folge werden.« Er fragte, ob man sein Tagebuch fortgesetzt und jammerte, daß es nicht geschehen.