1830, um 24. April. Bei Anwesenheit von Wilhelmine Devrient Ich [Ed. Genast] eilte...zu Goethe, um ihn zu fragen, ob er die Schröber-Devrient empfangen wolle. »Es wird mich freuen, diese Künstlerin, von der ich schon so Treffliches gehört, kennen zu lernen,« erwiederte er. Ich fragte ihn noch, ob sie ihm etwas vorsingen dürfe, da er ja wegen der Trauer das Theater nicht besuche. »Das wird meine Freude nur erhöhen,« sagte er. Ich bemerkte, daß er dazu keinen Accompagnisten bestellen möge; dieses Amt könne meine Frau übernehmen, und er versetzte lächelnd: »Ei sieh! da lerne ich ja ein weiteres Talent an Deiner lieben Frau kennen.« Am andern Tage empfing er die Devrient höchst freundlich und liebreich. Sie sang ihm unter anderm auch die Schubert'sche Composition des »Erlkönig« vor, und obgleich er kein Freund von durchcomponirten Strophenliedern war, so ergriff ihn der hochdramatische Vortrag der unvergleichlichen Wilhelmine so gewaltig, daß er ihr Haupt in beide Hände nahm und sie mit den Worten: »Haben Sie tausend Dank für diese großartige künstlerische Leistung!« auf die Stirn küßte. Dann fuhr er fort: »Ich habe diese Composition früher einmal gehört, wo sie mir gar nicht zusagen wollte, aber so vorgetragen, gestaltet sich das ganze zu einem sichtbaren Bild. Auch Ihnen, meine liebe Frau Genast« – wandte er sich zu meiner Frau – »danke ich für Ihre charakteristische Begleitung.«